Meta Solis: ein Kulturverein für junge Menschen, der „Sorbisch sein“ für die Zukunft fit machen will

Letztes Wochenende fand vom 11. bis 13. August das /Miłoćicy statt. Bereits davor haben wir mit den Akteuren der sorbischen Gruppe Meta Solis gesprochen. Im Interview verrät Jan Wessela, ein Mitglied der Gruppe vom Miltitzer Steinbruchsee, wie sie die sorbische Kultur in der zweisprachigen Lausitz mithilfe von soziokulturellen Veranstaltungen fördert und ausbaut.

 

Von: Redaktion "Sorbisch? Na klar."

Meta Solis: Ein Interview mit Jan Wessela

Hallo Jan, du bist Mitglied der Gruppe Meta Solis. Kannst du uns erzählen, wie das gleichnamige Festival entstanden ist?

Angefangen hat alles vor etwa 6 Jahren mit einer Party am Miltitzer Steinbruch. Das Organisieren, Aufbauen und die Veranstaltung selbst haben uns super viel Spaß gemacht. Dort haben wir uns als Gruppe zusammengefunden und uns darauf „eingeschworen“ weiterzumachen. Nun sind wir schon seit drei Jahren ein eingetragener Verein.

Welche sorbischen Kulturangebote möchte die Gruppe fördern und ausbauen?

Wir fördern alles, was zum weiten Feld der Soziokultur gehört und bis jetzt nur wenig Platz in der sorbischen Oberlausitz hatte. Letztes Jahr haben wir die Tournee eines Sorbisch-Walisischen Musikprojekts begleitet, Netzwerktreffen veranstaltet, das Festival um die Sommerfilmakademie in Görlitz/Zhorjelc mitorganisiert und natürlich das „Meta Solis“-Festival durchgeführt.

Auch Lesungen und Vortragsreihen, die ein jüngeres Publikum ansprechen, interessieren uns sehr. In Zukunft wollen wir noch mehr Plattformen bieten und selbst Plattform sein, um jungen Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich auszuprobieren. Wichtig ist uns, auch Formate anzubieten, die der Landflucht entgegenwirken oder zumindest einen Anreiz bieten, mal wieder die Oberlausitz/Hornja Łužica zu besuchen und im besten Fall auch neue Bezüge aufzubauen.

Welche Rolle spielt die sorbische Kultur für euch und warum ist es wichtig, diese kulturelle Vielfalt zu fördern?

In der sorbischen* Community gibt es viele etablierte Kulturveranstaltungen. Wir wollen ergänzen, was uns fehlt und vor allem auch Perspektiven oder Formate anbieten, für die wir sonst eher in die Stadt fahren müssten.

Fast alle von uns kommen aus der Oberlausitz und haben Obersorbisch zu Hause gelernt. Für uns ist es unheimlich wichtig, das Kulturangebot zu erweitern. Viele von uns studieren oder arbeiten außerhalb der Lausitz. Feste und Bräuche gehören zu uns, jedoch ist es auch total wichtig, neuen Formaten und vor allem auch neuen Herangehensweisen Räume zu bieten. Ein Stück weit geht es auch darum „sorbisch sein“ für die Zukunft fit zu machen, neu zu denken und eigene, für uns mit der Gegenwart kompatible Ansätze des Sorbischen zu finden und zu denken.

Welche Herausforderungen gab es in der Vergangenheit bei der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen?

Nach einer Veranstaltung ist man meist hochmotiviert und will sofort weitermachen. Wenn es aber um Projektanträge geht, wird es schon mühseliger. Wir organisieren Meta Solis alle ehrenamtlich, neben Arbeit, Studium oder Ausbildung.

Dabei sind die Kapazitäten der Individuen unserer Gruppe stets unterschiedlich. Letztendlich gelingt uns das organisatorische Drumherum, auch wenn es manchmal viel Aufwand bedeutet und Zeit kostet.

Arbeitet ihr mit anderen Akteuren und Organisationen in der Region zusammen?

Ja, wir vernetzen uns lokal und überregional mit verschiedenen Akteur*innen. Dazu gehören beispielsweise das »kolektiw Wakuum« aus Cottbus, der Tagwerk e. V. in Bautzen/Budyšin, der barakka e. V. in Nucknitz/Nuknica, der Steinleicht e. V. in Nebelschütz/Njebjelčicy, Jungendclubs aus der Region und viele weitere.

Erzähl uns gerne von der anstehenden Veranstaltung. Wie lief die Planung ab, gab es Herausforderungen oder Überraschungsmomente bei der Organisation?

Das Festival findet vom 11. bis 13.08. statt. Das musikalische Angebot reicht von Punk (Paul Geigerzähler) über experimentelle Musik von Alina Petrova (Mitglied der Gruppe Pussy Riot) bis hin zu härterem Techno, den man sonst nur in den Städten erleben kann.

Am Samstag werden Workshops angeboten, beispielsweise zum Thema Permakultur, modularem Soundbau und Spoken Word. Über die Website kommst du zum Line-up des Festivals.

Das Datum von „Meta Solis 2023“ wurde mitten in der Planung notgedrungen um eine Woche verschoben. Das hat erst mal vieles durcheinander gebracht. Deshalb kann die Gruppe dieses Jahr nicht vollzählig teilnehmen. Dennoch versucht jede*r, sich so gut es geht einzubringen und je nach Kapazitäten und Möglichkeiten zu helfen.

Dafür bringen sich dieses Jahr auch mehr neue Helfer*innen mit ein. Bezüglich der Organisation treffen wir uns bereits seit dem letzten Jahr recht regelmäßig im Plenum. Dabei werden Aufgaben verteilt und inhaltliche Themen besprochen. Währenddessen ist auch das Zusammensein als Gruppe von besonderer Bedeutung.

Das Meta Solis Festival in der Nacht.

Wie ist die Gruppe zusammengesetzt in Bezug auf deutsch-sorbische Mitglieder?

Fast die ganze Gruppe besteht aus Sorb*innen – wir sprechen sorbisch miteinander.

Wie setzt sich das Publikum der Veranstaltung zusammen?

Das Publikum ist sehr gemischt, die Gäste kommen aus der Region, aber auch aus allen möglichen Teilen Deutschlands.

Unsere Veranstaltungen sollen neue Sprachräume schaffen, zweisprachige Beschilderung gehört genauso dazu wie ein respektvoller und offener Umgang miteinander. Nach dem „Meta Solis“-Festival können die meisten deutschsprachigen Besucher ein paar sorbische Wörter und haben etwas über das Sorbische* Tun und Sein gelernt. Sprachenerhalt macht Spaß. Es ist wichtig für uns, dass unser Publikum versteht, was es bedeutet, eine bedrohte Sprache zu erhalten und dafür ein Bewusstsein zu schaffen.

Was bedeutet denn sorbische Kultur für euch?

Im Duden finden wir folgende Definition „Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung“ für Kultur.

Unsere Gruppe bringt genau diese Elemente zusammen, und schafft für ein Wochenende einen Ort, welcher für uns als sicher, wohltuend und frei gilt. Wir präsentieren die sorbische Kultur respektvoll und authentisch, indem wir sie selbst sind und zusätzlich weiterdenken, um in unserer Gegenwart Ansätze zu säen, welche wir außerhalb des „sorbisch seins“ auch teilen.

Viele Menschen denken, dass die sorbische Kultur schrumpft, aber eigentlich wächst sie. Nur findet dieses Wachstum in sehr freier Form statt und schlägt Subkultur-Wurzeln. Menschen suchen Räume, Menschen bauen Räume, Menschen sind Räume. Meta Solis ist ein sorbischer Raum.

Welche Möglichkeiten gibt es für interessierte Personen, sich aktiv zu beteiligen oder Unterstützung anzubieten?

Wir laden jedes Jahr ein, sich aktiv an Meta Solis zu beteiligen und Anregungen mit uns zu teilen. Wir schätzen es sehr, neue Perspektiven zu hören, uns auszutauschen und weiterzuwachsen und freuen uns über Vorschläge zu Workshops, Vorträgen, Kunst (Installation, Ausstellungen, aber auch für unsere Dekoauslebung) etc.

Um unser Festival aufzubauen und durchzuführen, zu organisieren und zu gestalten sind Helfer*innen und Künstler*innen gefragt, welche uns zuvor, währenddessen oder im Nachhinein unterstützen können. Wir sind offen für neue Ideen und helfen auch gerne bei anderen Kulturangeboten in der Region aus.

Herzlichen Dank für deine Zeit und die bereichernden Einblicke, Jan!

Bildrechte: Meta Solis

Meta Solis e. V.

Meta Solis ist eine etwa 20-köpfige, ständig wachsende Gruppe von jungen Sorb*innen mit Wohnsitz oder Wurzeln in der zweisprachigen Lausitz, die sich zum Ziel gesetzt haben, verschiedenste soziokulturelle Veranstaltungen durchzuführen. Die Gruppe vernetzt sich lokal und überregional mit anderen Akteurinnen und Akteuren, um aus Ihrer Sicht dringend notwendige sorbische Kulturangebote abseits des Mainstreams zu schaffen und auszubauen.

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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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Was wünschen Sie sich für das Schleifer Sorbisch?

Was man jetzt nicht erhält, wird auch in der Zukunft nicht mehr da sein. Jemand, der jetzt die Sprache spricht, sollte sie deswegen auch weitergeben. Denn jede Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren sollten.
Juliana Kaulfürst
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