Seit Januar 2022 ist die Sorbin Diana Karbe Projektmanagerin für Wirtschaftsförderung bei der Stadt Hoyerswerda/Wojerecy. Ihre Aufgabe: den kommunalen Unternehmen als Beraterin zur Seite stehen, um mit Fördermitteln den Strukturwandel der Region zu gestalten. Daneben setzt sich die Projektmanagerin auch dafür ein, die Sprache der Sorben in Hoyerswerda, das früher einmal ein starkes sorbisches Siedlungsgebiet war, wiederzubeleben. Ein Portrait über eine ambitionierte Frau mit wechselhafter Biografie.
Diana Karbe wusste, dass dieses Bewerbungsgespräch nicht leicht werden würde. Die Stelle als Projektmanagerin im Bereich Wirtschaftsförderung bei der Stadt Hoyerswerda war äußerst begehrt. Dutzende Bewerbungen waren eingegangen, bei dem Vorstellungsgespräch würden an die zwanzig Personen anwesend sein, darunter der Oberbürgermeister, Stadträte, Personalbearbeiter und Bürger. Sie wusste, dass sie dann überzeugen musste. Jedes Wort sollte sitzen, die Präsentation flüssig sein, sie als Persönlichkeit überzeugen.
Die entscheidende Idee, ihre sorbischen Wurzeln hervorzuheben, kam dann von ihrer Mutter. „Da wurde mir klar: Genau das ist mein Thema. Ich bin Sorbin, ich kenne mich mit Veränderungen und Anpassungen aus“, so Diana Karbe. Darum gestaltete sie ihre Bewerbung zweisprachig, setzte das Thema in den Fokus und konnte damit auf ganzer Linie punkten: Sie bekam die Zusage und arbeitet seit Januar 2022 als Wirtschaftsförderin bei der Stadt Hoyerswerda, also in einer Region, die stark vom Kohleausstieg und dem Strukturwandel betroffen ist.
Hoyerswerda/Wojerecy – eine Stadt auf der Suche nach ihren sorbischen Wurzeln
Nun ist Diana Karbe eine von insgesamt sechs Personen, die die Wirtschaftsförderung der Stadt Hoyerswerda vorantreiben. Sie selbst sieht sich als Beraterin für kommunale Unternehmen und unterstützt diese dabei, Fördergelder zu erhalten. So ist sie involviert, wenn die Lausitzhalle eine energetische Sanierung anstrebt oder der Zoo Hoyerswerda ein neues Gehege plant.
Auch die Finanzplanung hat Diana Karbe, die 2015 ein Studium der Betriebswirtschaft nachgeholt hat, fest in ihrer Hand. Was ihr aber noch am Herzen liegt: die sorbische Sprache und Kultur. „Hoyerswerda ist eine Stadt, die noch bis in die 60er Jahre stark mit Sorben besiedelt war. Mit dem Braunkohleabbau, der Verarbeitung und Veredelung vor Ort hat sich die Einwohnerzahl vervielfacht – von rund 10.000 Menschen im Ort in den 50ern auf 70.000 Anfang der 80er. Das Sorbische wurde dadurch stark verdrängt“, so Diana Karbe.
Dem Braunkohleabbau fielen zudem viele sorbische Dörfer zum Opfer, die dem Tagebau weichen mussten. Das Resultat: Sorbische Traditionen werden zwar weiterhin in Hoyerswerda zelebriert, aber die sorbische Sprache ging größtenteils verloren. „Gleichzeitig spüre ich bei meiner Arbeit, dass das die Menschen auch traurig macht. Sie fragen verstärkt nach ihren Wurzeln und wünschen sich einen neuen Zugang zu der Sprache, die die Stadt in der Vergangenheit geprägt hat“, erklärt die Projektmanagerin. So finde man heute zwar zweisprachige Ortsschilder oder Bezeichnungen, während die Sprache im Alltag kaum noch gesprochen wird.
Schweinerden/Swinjarnja: Kindheit zwischen Rapsfeldern und Heuballen
Dass Diana Karbe sich so sehr für die sorbische Sprache einsetzt, hat einen Grund. Er heißt Schweinerden/Swinjarnja und liegt in der Nähe von Panschwitz-Kuckau/Pančicy-Kukow, rund 20 Kilometer von Bautzen/Budyšin entfernt. 82 Menschen leben hier laut letzter Zählung Ende 2020. Im Frühjahr blüht auf den Feldern leuchtend gelber Raps, auf anderen Flächen wird Getreide angebaut. Es ist ruhig und beschaulich.
Hier ist Diana Karbe aufgewachsen und sie erinnert sich gerne an ihre Kindheit zurück. Sehr behütet sei es gewesen, die Großeltern haben einen Großbauernhof betrieben, zwischen Rapsfeldern und Heuballen verbrachte sie ihre Kindheit. „Sorbisch ist meine Muttersprache, es war die Sprache der Eltern und Großeltern und des Dorfes. Mit ihr verbinde ich so viel, all diese schönen Erinnerungen und Zeiten, und darum ist es mir so wichtig, die Sprache am Leben zu erhalten und anderen etwas davon mitzugeben“, so die Sorbin.
Im Nachhinein blickt sie deshalb ein wenig wehmütig auf die Zeit ihrer Ausbildung und ersten Arbeitsjahre zurück, in der sie die Tatsache, dass sie Sorbin ist, vor anderen zurückhielt. „Während meiner Zeit als Fremdsprachenkorrespondentin war ich in Dresden und Leipzig. Ich hatte eigentlich keine Lust, von zu Hause wegzugehen. Ich war unsicher. Ich wollte nicht auffallen und es gab gegenüber Sorben auch Vorurteile. Darum habe ich niemandem etwas gesagt“, erzählt Diana Karbe.
Ihre Perspektive änderte sich erst mit der Geburt ihrer Zwillinge Luca und Noah im Jahr 2007. In Kamenz/Kamjenc, wo sie als leitende Vertriebsmitarbeiterin eines Druckanbieters ihre Karriere vorantrieb, wollte sie nicht bleiben. „Ich wollte zurück aufs Land“, erinnert sie sich. „Die Schönheit meiner Kindheit, das Behütete, wollte ich meinen Kindern auch mitgeben“. Also zogen sie kurzerhand nach Schweinerden, in das Haus ihrer Eltern, wo sie bis heute glücklich leben und den Mehrgenerationenhaushalt zu schätzen wissen.
Die sorbische Sprache –ein Schatz, der von seinem Gebrauch lebt
Durch ihre eigenen Kinder weiß Diana Karbe allerdings auch sehr gut, dass die Begeisterung für Sprache sich nicht erzwingen lässt. „Wandel und Prozesse dauern“, erklärt sie. „Man muss den Menschen Zeit lassen. Für mich ist die sorbische Sprache in Panschwitz-Kuckau und Schweinerden sehr präsent. Auf jeder Feier und an jedem Festtag, selbst bei Geburtstagen sprechen wir alle Sorbisch miteinander“, so die Sorbin, deren Mann übrigens kein sorbischer Muttersprachler ist, sich aber dank Kursen ganz gut verständigen kann. „Wir sind eine Minderheit, aber wir sollten das nicht als Problem sehen. Ich sehe die sorbische Sprache als einen Schatz, den ich in mir trage und über den ich sehr glücklich bin. Um andere an die Sprache heranzuführen, brauchen wir Wärme, Zeit und Geduld.“
Und mit diesem Gefühl, dieser Stimmung, will sie den Strukturwandel in Hoyerswerda begleiten, die Stadt voranbringen und gleichzeitig deren sorbische Wurzeln stärker in den Fokus rücken. Denn aus ihrer Biografie weiß sie: Ein Wandel kann Kraft kosten, er ist oft schwierig, aber am Ende kann es auch ein Aufbruch sein in eine neue, schöne Zeit.
Wir sprechen regelmäßig mit Sorbinnen und Sorben über ihre Geschichten. Eine Auswahl findest du hier:
- Sorbische Handwerkskunst: Marian Wenk über seine Arbeit als Tischlermeister
- Sorbisch gehört zum Geschäftsalltag: David Wenk von WeDa Metall im Interview
- Sorbischer Hip-Hop: Peter Zieschwauck (Pětr Dźisławk) von Nowa Doba verrät, wie sorbische Songs entstehen
- Sorabistik studieren: Rahel Selnack über ihr Studium an der Universität Leipzig
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- Auf diesen Seitenfindest du nützliche Informationen, um Sorbisch zu lernen
- Das WITAJ-Sprachzentrum Bautzen bietet Sorbisch-Kurse für jede Altersklasse
- Alle Interessierten können auf dieser Seitein 100 Sekunden sorbische Redewendungen lernen.