Sorbischer Hip-Hop: Wie sorbische Songs entstehen

Peter Zieschwauck (Pětr Dźisławk) ist Teil des sorbischen Hip-Hop-Trios Nowa Doba. Gemeinsam mit FloJ (Florian Kießlich) und SMAN (Simon Heiduschka/Syman Hejduška) produziert er als Lil Handrij sorbische Musik in kompletter Eigenregie. Im Interview verrät er uns, wie die sorbischen Songs entstehen und warum Streaming-Plattformen ein Gewinn für sorbische Musiker sind.

Von: Julia Mahal

Peter, wie bist du zur sorbischen Musik gekommen?

Sorbisch ist meine Muttersprache, also lief bei uns schon immer sorbische Musik. Ich hatte einen CD-Player im Kinderzimmer. Sobald ein sorbischer Tonträger erschien, hatte ich den eigentlich auch. Das waren dann zum Beispiel die CDs von sorbischen Chören oder sorbische Pop-Musik, meistens Produktionen vom Sorbischen Rundfunk. So groß war die Auswahl nicht. Und die [CDs] liefen dann immer rauf und runter. So bin ich eigentlich zur Musik gekommen. Ich war schon immer sehr textaffin und habe dann eben Hip-Hop für mich entdeckt. Da gab es aber auf Sorbisch praktisch nichts, also haben wir dann damit angefangen.

 

Du bist Teil des Trios Nowa Doba. Wie können wir uns euren kreativen Prozess von der ersten Idee bis zum fertigen Song vorstellen?

Wir haben eine ganz klare Aufgabenverteilung. Den Anfang macht immer Florian Kießlich, der die Beats baut und entscheidet, in welche Richtung es gehen soll. Ich probiere mich dann an den Texten aus, inhaltlich und auch sprachlich. Da entstehen meistens erstmal eine Strophe und ein Refrain. Die rappe ich dann auf den von Florian gebauten Beat. Das Ergebnis schicke ich ihm zurück und er gibt mir Feedback. Das ist also wirklich von Anfang an eine Gemeinschaftsarbeit. Florian bastelt dann am Flow  herum und tauscht noch einmal einzelne Wörter aus.

Er ist Hip-Hopper durch und durch. Gemeinsam bringen wir Beat und Text in Einklang. Dann nehmen wir den Song auf, erstmal nur als Demo. Das [Ergebnis] schicken wir dann an Simon, den Dritten in der Runde. Simon ist ein richtiges sorbisches Multitalent und war unter anderem bei der sorbischen Pop-Oper „Carpe Noctem“ einer der Hauptverantwortlichen. Er hört sich unsere Demo an, dann überarbeiten wir noch einmal alles – jede Zeile einzeln.

 

 

Was reizt dich daran, auf Sorbisch zu rappen?

(lacht) Sorbischer Rap klingt leider manchmal gar nicht so cool, weil die Wörter oft viele Silben haben. Aus stilistischen Gründen verwenden wir darum auch englische Begriffe. Im Englischen gibt es viele schwungvolle, einsilbige Wörter, das passt dann manchmal einfach besser. Vom Stil her machen wir am ehesten amerikanischen Hip-Hop in sorbischer Sprache.

 

Warum ist moderne sorbische Musik gerade für die jungen Sorben so wichtig?

Junge Sorben sind genau wie alle anderen und hören gerne Musik, die wollen sie natürlich auch in ihrer Muttersprache hören.

 

Was denkst du, wie sich die sorbische Musiklandschaft in Zukunft verändern wird?

Ich hoffe, dass immer mehr junge sorbische Musik auf die Streaming-Plattformen kommt. Früher hat nur der Sorbische Rundfunk kontinuierlich neue Musik produziert. Durch Plattformen wie Spotify ist es einfacher geworden, Musik komplett unabhängig zu produzieren und online zur Verfügung zu stellen. Das ist natürlich viel einfacher als mit CDs, die Möglichkeiten sind heute ganz andere als früher. Wir haben zum Beispiel auch einfach eine Playlist mit Songs von verschiedenen sorbischen Bands zusammengestellt. Es freut uns, wenn das mehr werden. Konkurrenz belebt immer das Geschäft (lacht).

 

Welche Bands stehen denn auf der Playlist?

Unter anderem Skupina Astronawt, Brankatschki und Holaski, aber auch viele andere. Die Playlist ist auf jeden Fall beliebt, es gibt da schon ein großes Interesse an sorbischsprachiger Musik.

 

Auf welche Neuheiten von Nowa Doba dürfen wir uns freuen?

Wir arbeiten gerade an einer EP – die wird drei oder vier Songs umfassen, es ist also eher ein kleines Projekt. Es wird eher dunkler Trap [Erklärung: Trap oder Trap Music ist ein Hip-Hop-Subgenre] und damit passend für die Wintermonate. Da wir alles selbst produzieren, hohe Ansprüche an die Qualität haben und alle noch studieren bzw. arbeiten, kommen von uns nicht permanent neue Songs, dafür steckt in jedem einzelnen enorm viel Arbeit.

 

Bildrechte: Peter Zieschwauck (Pětr Dźisławk)

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Was wünschen Sie sich für das Schleifer Sorbisch?

Was man jetzt nicht erhält, wird auch in der Zukunft nicht mehr da sein. Jemand, der jetzt die Sprache spricht, sollte sie deswegen auch weitergeben. Denn jede Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren sollten.
Juliana Kaulfürst
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