Was hat das seltene Instrument des Weltstars Carolina Eyck mit Samy Deluxe und sorbischer Musik zu tun?

Wortwechsel mit Carolina Eyck, Musikerin, Sängerin, Komponistin und Buchautorin

Carolina Eyck (32) ist ein gefragter Musik-Star: Die deutsch-sorbische Virtuosin spielt weltweit Konzerte, ihr YouTube-Kanal hat über 100.000 Abonnenten, ihre Videos wurden rund 10 Millionen Mal geklickt – ihr Musikinstrument, das Theremin, kennt jedoch kaum jemand. Im Interview hat uns die Musikerin, Sängerin, Komponistin und Buchautorin vor einiger Zeit mit in die faszinierende Welt von Sprache und Musik genommen und uns von ihrer Zusammenarbeit mit Samy Deluxe erzählt.

Von: Josi Altmann

Carolina, du spielst weltweit Konzerte mit dem Theremin. Deine Videos auf YouTube werden millionenfach geklickt. Das Instrument kannte ich vorher aber nicht. Kannst du etwas über dieses besondere Instrument erzählen?

Gern. Das Theremin wurde 1920 vom russischen Physiker Lew Sergejewitsch Termen, später Leon Theremin, erfunden. Es ist eines der ersten elektronischen Musikinstrumente und besteht aus einem Kasten, in dem sich die Elektronik befindet, sowie aus zwei Antennen. Um einen Ton zu erzeugen, muss man das Instrument nicht berühren: Die Abstände des Körpers und der Hände zu den Antennen regeln den Ton. Mit der rechten Hand beeinflusst man die Tonhöhe, mit der linken die Lautstärke.

Spürt man die Töne?
Nein, man spürt nur seinen eigenen Körper. Jede kleine Veränderung beeinflusst den Ton. Das kannst du später gern mal ausprobieren.

Carolina Eyck zeigt mir beim Interview, wie das Theremin gespielt wird. (Foto: Patrick Grundmann)

Auf deinem Instagram-Kanal habe ich ein Foto von dir und Samy Deluxe entdeckt. Deutschrap und Theremin – passt das zusammen?

Auf jeden Fall. Der Musik sind keine Grenzen gesetzt. Ich habe zusammen mit Samy Deluxe in Frankfurt an einem Orchesterprojekt teilgenommen. Das Konzertvideo ist auf der Seite des hr-Sinfonieorchesters verfügbar.

Singst du selbst auch zu deinen Melodien?

Ja, ich singe auch, jedoch nicht auf Text. Text würde mich einengen. Wenn ich auf Vokalen improvisiere, bin ich freier. Dann muss ich mich auch nicht zwischen Deutsch, Sorbisch, Englisch oder weiteren Sprachen entscheiden.

Du bist bei Berlin aufgewachsen. Wie kommt es, dass du auch Sorbisch sprichst?

Mein Vater stammt aus der Oberlausitz und hat früher mit uns nur Sorbisch gesprochen. Meine Mutter ist keine Sorbin und hat Deutsch mit uns gesprochen. Sie hat die sorbische Sprache aber auch gelernt und kann alles verstehen und sich auch mit uns auf Sorbisch unterhalten.

Haben beide Sprachen den gleichen Stellenwert in deinem Leben?
Es fällt mir leichter, Deutsch zu sprechen, weil die Sprache in meinem Alltag hier in Berlin einfach viel präsenter ist. Deutsch ist meine Muttersprache, Sorbisch ist quasi meine Vatersprache. Beide Sprachen sind mir wichtig.

Die Musik ist eine Sprache, die alle verstehen. Wie ist es für dich, dass du mit Sorbisch eine Sprache sprichst, die sonst nur wenige andere beherrschen?

Wenn ich mit meinem Bruder unterwegs bin und uns mal keiner verstehen soll, dann kommt es sehr gelegen, dass wir Sorbisch sprechen können. Aber Spaß bei Seite. Für mich ist jede weitere Sprache einfach eine Bereicherung. Wenn man es gewohnt ist, zwischen Sprachen hin und her zu switchen, kann man sich auch schneller in andere Sprachen reinhören. Ich weiß nicht, ob ich heute so ein Interesse an Sprachen hätte, wenn ich nicht zweisprachig aufgewachsen wäre. Wenn ich höre, wie sich zwei Personen in einer anderen Sprache unterhalten, berührt mich das.

Warum berührt dich das?

Mich macht es einfach glücklich, wenn ich in einem Raum bin, in dem sich Leute auf mehreren Sprachen unterhalten. Ich muss nicht alles verstehen. Aber mit den verschiedenen Sprachen sind verschiedene Sprachmelodien im Raum. Diese Vielfalt finde ich großartig.

Wie meinst du das mit den Sprachmelodien?

Jede Sprache hat ihre eigene Melodie und ihre eigene Geschichte. Ich habe zum Beispiel in Schweden studiert und auch die Sprache gelernt. Die Sprachmelodie spiegelt das Naturell der Menschen wider. Schwedisch hat eine Leichtigkeit in sich. Diese Leichtigkeit macht sich auch im Alltag in Schweden bemerkbar.

Schlagen sich die verschiedenen Sprachmelodien auch in der Musik nieder?

Ich denke schon, dass Sprache einen Einfluss auf Musik hat. Zum Beispiel klingen sorbische Kirchenchoräle oft schwer oder melancholisch. Wenn die Männer zur Osterzeit etwa „Tón cyły swět so raduje“, auf Deutsch „Die ganze Welt ist voller Freude“, in C-Moll schmettern, zeigt das auch einen durchsetzungsfähigen Charakter des sorbischen Volkes. Dieser hat vielleicht auch dazu beigetragen, dass sich die Sprache bis heute gehalten hat.

Hast du schon mal sorbische Kompositionen im Konzert gespielt?

Ja, ich habe zum Beispiel mal mit einem tschechischen Streichquartett Stücke des sorbischen Komponisten Korla Awgust Kocor (1822-1904), auf Deutsch Karl August Katzer, gespielt. Ich habe aber auch schon in Houston, Texas, sorbische Lieder auf dem Theremin vorgetragen, das war auch toll für mich.

Ist es dir wichtig, deine sorbischen Wurzeln in deinem Beruf auszudrücken?

Auf jeden Fall. Es war beispielsweise eine bewusste Entscheidung von mir, in meine Biografie mit aufzunehmen, dass ich eine deutsch-sorbische Musikerin bin. Ich finde das gerade in der Kunst wichtig, da das ein Ausdruck von Diversität ist.

Viele Dank für das Interview, Carolina.

 

Beitragsbild: Carolina Eyck ist eine Virtuosin auf dem Theremin. (Foto: Patrick Grundmann)

Carolina Eyck zeigt ihre Theremin-Kunst auf YouTube. Hier hat sie auch die Erläuterung des Theremins auf verschiedenen Sprachen einstudiert und aufgenommen.

Auf ihrem Instagram-Kanal teilt Carolina Eyck Videos und Beiträge rund um das besondere Musikinstrument. Hier gibt es auch spannende Einblicke in Proben vor Konzerten.

Auch auf Facebook gibt es Videos und Bilder der sorbischen Künstlerin zu entdecken.

Du willst auch Theremin spielen? Auf der Webseite findest du Termine für Online-Unterricht.

Hier geht es zum Konzertvideo mit Carolina Eyck, Samy Deluxe und dem hr-Sinfonieorchester

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Was wünschen Sie sich für das Schleifer Sorbisch?

Was man jetzt nicht erhält, wird auch in der Zukunft nicht mehr da sein. Jemand, der jetzt die Sprache spricht, sollte sie deswegen auch weitergeben. Denn jede Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren sollten.
Juliana Kaulfürst
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