Singen auf Sorbisch: „Ich will auch die mit meiner Musik berühren, die kein Sorbisch verstehen.“

Lena Hauptmann (25) singt auf Niedersorbisch und nimmt ihr Publikum mit auf eine musikalische Reise zu den Sehnsüchten und Träumen ihrer Generation. Sie kombiniert südamerikanische Rhythmen mit Jazz und vereint englische Texte mit der sorbischen Sprache. So will sie auch diejenigen für das Sorbische begeistern, die die Sprache nicht verstehen. Ein Portrait über eine besondere junge Künstlerin.

Von: Josi Altmann

Elegant steht sie da im glitzernden Kleid. Die Scheinwerfer strahlen ihr helles Licht auf die Bühne. Der Hintergrund ist bläulich, fast lila. Ein Hauch von Melancholie umgibt ihre Stimme, während sie die ersten Töne ihres Songs „Tysac Cowanjow“ anstimmt. Zu diesem Zeitpunkt weiß Lena (25) noch nicht, dass sie beim deutsch-polnischen-Chansonwettbewerb „Köln-Breslau-Paris“ 2019 den zweiten Platz belegen und den Publikumspreis gewinnen wird.

Zu diesem Zeitpunkt steht sie nur auf der Bühne und singt „Tysac Cowanjow“, einen Song, den sie selbst geschrieben hat, in niedersorbischer Sprache, begleitet von Dan Baron an der Gitarre. Lena gehört zu den Gesangstalenten, die es schafft, ihrer Musik etwas Einzigartiges zu geben. Zu den auffälligsten Merkmalen gehört neben der stilistischen Offenheit eben auch ihre sorbischen Texte.

 

Ein Anruf des RBB – oder: Warum Lena auf Sorbisch singt

Dass Lena auf Sorbisch singt, kam durch einen kleinen Zufall, wie sie im Interview per Videokonferenz erzählt: „Ich bekam einen Anruf von Gregor Kliem vom sorbischen Rundfunk des RBB. Wir hatten früher zusammen in einer Band gespielt, und dann hatte er mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, auch auf Sorbisch zu singen“, so die 25-Jährige. Danach hatte sie sich wieder intensiver mit der Sprache beschäftigt. „Ich bin in Cottbus auf ein Gymnasium gegangen und hatte dort überhaupt erst Sorbisch gelernt. Nach der Schule ist dann Vieles in Vergessenheit geraten. Gregor hat mir dann bei den Texten geholfen und sie ins Sorbische übertragen. Das fand ich sehr faszinierend. Ich habe gemerkt, dass ich über die sorbische Sprache etwas Besonderes bieten kann“, berichtet die Sängerin.

In ihren weiteren Liedern hatte sie dann immer häufiger sorbische Textpassagen einfließen lassen. Für Lena steht die Sprache dabei nicht im Widerspruch zu ihrer Musik, die von südamerikanischen Klängen geprägt ist. „Das Westslawische ist sehr melodisch, sehr besonders. Für mich reiht sich die Sprache neben Portugiesisch und Französisch ein“, erklärt die Lausitzerin.

Die Mischung scheint dem Publikum zu gefallen. Nicht umsonst erhielt sie den besagten Publikumspreis beim Chansonwettbewerb „Köln-Breslau-Paris“. 2020 konnte sie sich sogar über den ersten Platz beim Deutschen Rock & Pop-Preis der deutschen Popstiftung in der Hauptkategorie „Singer-Songwriter“ freuen. Nur die Feier musste aufgrund der Corona-Pandemie leider weitestgehend ausfallen.

Wunsch für die Zukunft: Mit ihrer Musik die Schönheit der sorbischen Sprache an die nächste Generation weitergeben

​Für die Zukunft freut sich Lena, wieder auf der Bühne zu stehen und mehr Konzerte geben zu können als 2020. Auf Sorbisch will sie in jedem Fall weitersingen: „Ich habe gemerkt, dass ich mich als Sängerin im Sorbischen genauso wohl fühlen kann wie in anderen Sprachen und finde es schön, dass meine sorbischen Songs dem Publikum so gut gefallen“, so Lena. Wichtig sei es ihr, auch diejenigen anzusprechen, die selbst kein Sorbisch sprechen und vor allem junge Menschen aus der Region für die Sprache zu begeistern: „Ich will auch die mit meiner Musik berühren, die kein Sorbisch verstehen. Ich möchte mein Publikum mit der Sprache der Musik umarmen. Ich will sie mitnehmen auf eine musikalische Reise. Dafür muss man nicht jedes Wort verstehen“, erläutert die engagierte Sängerin. „Die sorbische Sprache können wir gut über die Kultur erhalten. In lockerer Atmosphäre kann ich über Musik die Sprache transportieren und Menschen berühren. Das finde ich schön.“

Beitragsbild: Lena auf der großen Bühne. (Foto: Foto: Marek Szymczak)

 

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Findest du, dass jeder in der Region Sorbisch lernen sollte?

Jeder sollte für sich entscheiden, ob er Sorbisch lernen möchte. Ich kann aber für mich persönlich sagen, dass ich es cool finde, die Sprache zu verstehen.
Annika
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