Wusstest du, dass dieses Märchen sorbisch ist?

Als eine Freundin mit dieser Geschichte auf mich zukam, staunte ich nicht schlecht. Sie berichtete mir begeistert davon, dass ihr Lieblingsmärchen aus Kindheitstagen sorbisch ist – und sie das jetzt erst entdeckt hätte. Als ihr das Buch am Wochenende wieder in die Hände fiel, sei es ihr bewusst geworden: „Bevor ich ,Sorbisch? Na klar.‘ kannte, hatte ich nie darauf geachtet. Aber meine Aufmerksamkeit für das Thema ist gestiegen und so ist es mir jetzt aufgefallen“. Und weil das Märchen so schön ist, kommt hier einmal seine Kurzfassung.

Von: Linda Napier

„Das schöne Mädchen“ (Obersorbisch: Rjana holčka) ist ein sorbisches Märchen, nacherzählt von Jurij Koch (*1936 in Horka, lebt heute in Cottbus). Warum das Mädchen so schön ist? Wenn Sie lacht, erblüht aus ihrem Mund eine Rose, goldene Haare fallen beim Kämmen von ihrem Kopf und während sie sich wäscht, wenden sich Perlenketten um die Hände des Mädchens.

Es war einmal… – Běše něhdy …

Die Schöne hatte einen Bruder, einen liebenden Vater und eine Mutter, die zu früh verstarb. Der Vater fand eine neue Frau und die drei lebten mit der Stiefmutter zusammen, die noch eine Tochter mitbrachte. Leider mochte die Mutter das schöne Mädchen und ihren Bruder nicht und behandelte beide schlecht. Als der Bruder erwachsen war, verließ er deswegen die Familie und lebte als Kutscher bei seinem neuen Herrn. Irgendwann fiel diesem ein Bild des schönen Mädchens im Stall auf. Der Junge erzählte von seiner Schwester und der Herr befahl, sie zum Hof zu bringen.

Gut und Böse – dobre a złe

Der Junge eilte nach Hause, um die Schwester zu holen. Die listige Stiefmutter wiederum bestand darauf, ihn zu begleiten und ihre Tochter ebenfalls mitzunehmen. Auf der Fahrt stieß die böse Alte das schöne Mädchen mit einer Eisenkette um den Hals in einen Fluss, damit sie ertrinken solle. Bei der Ankunft gab sie schließlich ihre eigene Tochter als das schöne Mädchen aus. Doch diese hatte gelbe Zähne, Läuse und Schmutzringe um die Hände. Der Herr dachte, der Junge hätte ihn belogen. Zur Strafe hing er ihn in einem Schornstein auf. Seine Schwester hatte sich indes in eine Ente verwandelt, um sich vorm Ertrinken zu retten. Sie besuchte ihn jede Nacht. Doch die schwere Eisenkette um ihren Hals verhinderte, dass sie sich zurück in einen Menschen verwandeln konnte.

Happy End, glückliches Ende oder zbožowny wukónc

Eines nachts beobachtete der Herr, wie die Ente den Jungen besuchte, befreite den Jungen und durchschlug die Kette des Mädchens mit seinem Schwert. Das Mädchen verwandelte sich sofort zurück und der Herr war erstaunt von ihrer Schönheit. So bestrafte er die Stiefmutter für Ihre List und schickte ihre Tochter fort. Nachdem der Vater der beiden aufs Schloss geholt wurde, feierten alle ein Fest. Und irgendwann – so die Geschichte – soll der Herr das schöne Mädchen geheiratet haben.

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Beitragsbild: Das schöne Mädchen. (Foto: Mike Cuvelier auf Pixabay)

Das Buch „Das sorbische Mädchen“ des Domowina-Verlags ist derzeit nicht auf Deutsch erhältlich. Da du den Inhalt aber jetzt schon kennst, wäre das die Gelegenheit, das Buch auf Sorbisch zu lesen. Es gibt eine obersorbische Version (hier findest du auf der Seite des Domowina-Verlags sogar eine Hörprobe). Und es gibt eine niedersorbische Version des schönen Mädchens.

Viel Spaß beim Lesen!

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Findest du, dass jeder in der Region Sorbisch lernen sollte?

Jeder sollte für sich entscheiden, ob er Sorbisch lernen möchte. Ich kann aber für mich persönlich sagen, dass ich es cool finde, die Sprache zu verstehen.
Annika
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