Superheld aus der Lausitz spricht fließend Sorbisch und Deutsch

Ihr Ruf eilt ihnen voraus und ein Raunen geht durch die Menge, sobald sie erscheinen: Sagenumwobene Charaktere wie der Teufel Mephisto aus Goethes „Faust“, Elf Puck in Shakespeares „Sommernachtstraum“ oder auch Batman in „Gotham City“ stellen die Spielregeln der Gesellschaft ordentlich auf die Probe. In der Lausitz übernimmt bekanntermaßen Pumphut (Sorbisch: Pumpot) diesen Job und erteilt den Menschen allerhand moralische Lektionen. Er ist Sagenfigur und eine Art Superheld zugleich.

Ob Pumphut auch Sorbisch spricht? Na klar.

Von: Julia Mahal

So wie die Lausitz ihren Pumphut, verewigen viele Regionen ihre Superhelden in Sagen, Mythen aber auch Skulpturen und Bauwerken: Sie sind einzigartige Figuren, werden über Generationen weitererzählt, beschrieben oder verfilmt und finden in anderen Sprach- oder Kulturkreisen oft sehr ähnliche Doppelgänger. Ein gutes Beispiel hierfür ist der griechische Gott Poseidon und der germanische Gott Niördr. Beide herrschen über das Meer. Poseidon spricht Griechisch, Niördr wahrscheinlich Schwedisch.

Pumphut (Sorbisch: Pumpot) hingegen spricht fließend Sorbisch und Deutsch und ist nicht so einfach in eine solche Schublade zu packen: Er spielt die raffinierten Streiche eines Germanengottes Loki, hält der Gesellschaft den Spiegel vor wie ein abenteuerlicher Till Eulenspiegel, aber schafft auch Gerechtigkeit wie ein Batman. Oder sogar ein sehr moderner Joker?

Magisch, magisch, … (Foto: Daniel Dara auf Unsplash)

Wer ist Pumphut nochmal?

Die Gebrüder Grimm beschreiben ihn als einen Kobold, der in der Gegend um Pausa unterwegs ist. In den Sagen entwickelte er sich von einer Fantasie-Gestalt hin zum magischen Müllerburschen auf der Wanderschaft. Den Titel „Hexenmeister aus der Lausitz“ trägt er mitnichten umsonst, denn sein Erkennungsmerkmal ist ein spitzer Zauberhut. Wer seine Hutkrempe berührt, dem kann Glück oder auch Strafe widerfahren, denn die Wünsche guter Menschen werden sogleich erfüllt, während die Wünsche gieriger Herzen ins Unglück führen.

Betritt Pumphut zum Beispiel das Fest der Einweihung eines neuen Mühlrades, doch der Müller gibt ihm lieber ein Stück loses Brot als eine Portion vom guten Braten, dann kann es passieren, dass – hocus pocus – das nigelnagelneue Mühlrad beim Radheben auf einmal doch nicht passt. Ein Drunter und Drüber, erschrockene Gäste und die Moral von der Geschicht? Die fehlende Gastfreundschaft des Müllers schlug auf ihn zurück. Als die Gesellschaft Pumphut entdeckt, zauberte er das Rad geschwind wieder gerade – die Lektion war gelernt und die Mühle #läuft.

Selbst ohne Müller ist Pumphut auch heute noch vielerorts zu finden: Bronzefiguren oder Holzskulpturen erinnern an die Sagenfigur, aber auch Schulen und Kindertagesstätten tragen seinen Namen. Der Sage nach wurde Pumphut als Sohn eines deutschen Vaters und einer sorbischen Mutter in Spohla geboren, lernte erst „Wendisch“ also Sorbisch, dann Deutsch und schließlich das Müllerhandwerk, bevor er auf die Walz ging.

Du willst mehr über Pumphuts Abenteuer erfahren? Am besten gleich in den weiterführenden Links reinlesen.

Wer in die Geschichten Pumphuts reinlesen will, wird hier fündig:

Pumphut in der Burkhardtsmühle

aus: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. S. 65–67, Erscheinungsdatum 1874)

 

>> Es mag wohl schon lange her sein, als im Voigtlande ein alter Müllerbursche, mit Namen Pumphut, lebte, der dem Wasser nach von Mühle zu Mühle ging. Wo es ihm gefallen mochte, da blieb er und für ein Glas Branntwein und ein Stück Brot machte er zur Ergötzung der Müllersleute und ihrer Nachbarn viel lose Schwänke und spaßige Dinge. Wo man ihn gut aufnahm, da ging er mit zufriedener Miene fort; wo sie ihm aber schlechte Kost vorsetzten oder ihn gar hungrig gehen ließen, da spielte er oft den Leuten arg mit.

In der Burkhardtsmühle waren alle Müller der Umgegend versammelt mit ihren Weibern und schönen Töchtern und es ging lustig darinnen zu. Die Fidel und der Dudelsack durften dabei nicht fehlen und die Müllerin hatte schon manche geleerte Flasche herausgetragen. „Halt“, dachte der Pumphut, der zufällig vorbeischritt, „da giebt es einen Schmaus, das ist so Etwas für Dich!“ Er trat ohne viele Worte zu machen in die volle Gaststube und setzte sich in einen Winkel. Der Knabe, der den Schenken machte, urtheilte dem Aussehen nach, es sei ein feiernder Mühlbursche, und trug ihm einen ordinären Schnaps und ein Stück trocknes Brot hin. „Da Alter, könnt Ihr Euch einmal Etwas zu Gute thun“, sagte der Knabe. Aber das erzürnte den Pumphut im innersten Herzen, daß er sich so getäuscht hatte und er schwur bei sich, dem Müller einen losen Streich zu spielen. „So wahr ich Pumphut heiße“, murmelte er vor sich hin. Und er that’s. Beim Weggehen fragte er den Jungen, was denn das Fest eigentlich bedeute. „Es soll das Rad gehoben werden“, gab dieser zur Antwort. Pumphut schlich sich mit schelmischem Blicke durch das Pförtchen, machte am Rade seinen hocus pocus und trollte sich lustig von dannen. –

Pumphut wanderte von Mühle zu Mühle. (Foto: Jonathan Wheeler auf Unsplash)

Nachdem die Gäste in der Mühle sich tüchtig satt gegessen und getrunken hatten, schickten sie sich an zum Radhub. Sie hatten alles vorher richtig abgezirkelt und abgemessen und glaubten bald damit im Reinen zu sein, aber o Wunder! die Welle war jetzt nicht weniger als eine halbe Elle zu kurz. Alles stand im ersten Augenblick stumm vor Schreck, bis der Müller in ein lautes Geschrei ausbrach und sich die Haare zerraufte. „Es paßte vorher wie angegossen“, rief einer. „Zum Teufel“, ein Anderer. Endlich ließ sich eine Stimme vernehmen: „das ist gewiß ein Streich von Pumphut“. Und nun fielen Allen die Schuppen von den Augen, der Mühlbursche im Winkel war kein anderer als der Schwarzkünstler selber gewesen. „Lauft ihm nach, lauft ihm nach!“ schrie Alles, und es dauerte gar nicht lange, da finden sie ihn am Bache sitzen. Er wußte wohl, was sie wollten, und folgte zunächst ihrer Einladung zum Schmause. Als er sich vor Aller Augen tüchtig sattgegessen hatte, klagte man ihm den Unfall und ließ die Frage mit unterlaufen, ob dem nicht abzuhelfen sei. „Da müßte der Kuckuck drin sitzen; schenk’ noch Einen ein, Junge,“ sprach Pumphut. Darauf ging er mit hinaus, sah mit schelmischem Gesichte die verkürzte Welle, klopfte hinten und vorne mit dem Hütchen daran, und als man das Rad zum zweiten Male hob, da paßte die Welle so prächtig wie vorher. Die Müllersleute aber gaben dem Pumphut, so oft er später kam, Butter zum Brot und bessern Branntwein als beim Radhub. <<

 

Beitragsbild: Mystisch und zauberhaft: Die Sage von Pumphut. (Foto: Greg Rakozy auf Unsplash)

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Findest du, dass jeder in der Region Sorbisch lernen sollte?

Jeder sollte für sich entscheiden, ob er Sorbisch lernen möchte. Ich kann aber für mich persönlich sagen, dass ich es cool finde, die Sprache zu verstehen.
Annika
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