Der Sattlermeister Marek Buck: Neustart in der Lausitz

Nach knapp 25 Jahren im Münsterland kehrte Sattlermeister Marek Buck zurück in seine sorbische Heimat, um dort eine neue Sattlerei aufzubauen. Das Vorhaben glückt: Heute ist der Sattlermeister erfolgreicher denn je und fertigt in Rosenthal/Róžant Sättel und andere Lederwaren in Handarbeit, die bundesweit nachgefragt werden. Trotz der vielen Jahre in Nordrhein-Westfalen hat Marek Buck nie den Bezug zu seiner Heimat und der sorbischen Sprache verloren. Er spricht sie mit Stolz, auch in seiner Werkstatt gehört die sorbische Sprache zum Arbeitsalltag.

Von: Redaktion "Sorbisch? Na klar."

Sattelleder fühlt sich angenehm glatt an und schmeichelt der Hand. Es ist langlebig und passt sich mit der Zeit optimal den Proportionen und Bewegungen von Mensch und Tier an. Darum wird es seit Jahrhunderten als Material geschätzt – gerade im Reitsport.

Um viele Stücke Leder zu einem perfekt ausbalancierten Sattel zu formen, braucht es präzise Ausarbeitung und fachkundige Handwerkskunst. Einer, der dieses Handwerk beherrscht, ist Marek Buck. Seit 2016 betreibt er in der Lausitz/Łužica seine Sattlerei – zunächst in Ostro/Wotrow, seit Dezember 2022 in neuen Räumlichkeiten in Rosenthal/ Róžant.

Sattlermeister bei der Arbeit
Marek Buck bei der Arbeit in seiner Werkstatt. / Bildrechte: Marek Buck

Wie Mareks Großvater die Liebe zur Sattlerei prägte

Ganze 4 Jahre hat er das einst marode Fachwerkhaus Stück für Stück saniert, um mehr Platz für seine Sattlerei zu haben. Und die benötigt er dringend. Denn die Sattel fertigt er in Handarbeit, mit viel Liebe zum Detail. In ganz Deutschland wird seine Handwerkskunst deshalb nachgefragt: Von Taschen und Moped-Sättel über Schuhe bis hin zu seinem Spezialgebiet dem Reitsattel gibt es kaum etwas, was der sorbische Handwerksmeister mit seinen drei Gesellen nicht aus Leder fertigen kann.

Dass Marek Buck Sattler werden würde, wurde ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Bereits als Kind faszinierte ihn das Handwerk, das sein Großvater ausübte. Dieser arbeitete seit 1938 als Polsterer und Sattler. Marek Buck und seine Geschwister wuchsen in der Sattlerei des Großvaters und mit dessen Handwerk auf. Nach seinem Abschluss an der Polytechnischen Oberschule stand der Berufswunsch für den jungen Buck längst fest.

Wie Marek Buck seine Heimat verließ, um im Münsterland als Sattler zu arbeiten

Dann kam die Wendezeit. 1989 ergatterte Marek Buck noch eine der raren Lehrstellen bei der Sattlerei Kothe in Kamenz/Kamjenc. „Mein Großvater war 1970 gestorben, aber ich hatte viel von ihm gelernt und sozusagen gutes Rüstzeug, um den Beruf zu erlernen“, erinnert sich Sattlermeister Buck. „Doch meine Ausbildung fiel in eine Zeit des Umbruchs. Vorher waren wir gut ausgelastet gewesen. Mit der Wiedervereinigung war auf einmal vieles komplett weggefallen.“ Seine Ausbildung konnte er noch abschließen, doch der Ausbildungsbetrieb konnte ihn nicht übernehmen.

Daher zog Marek Buck nach seinem Abschluss 1991 nach Warendorf in Nordrhein-Westfalen, eine Hochburg des Pferdesports. „Mein Ausbildungsbetrieb hatte gute Kontakte in die Region. Wir hatten Lohnfertigung für diesen Betrieb gemacht, so ergab sich dort eine Perspektive für mich“, erzählt Marek Buck.

In Warendorf erhielt er dann seine erste Facharbeiterstelle als Sattler. 1997 legte Buck die Meisterprüfung an der Münsteraner Handwerkskammer ab und qualifizierte sich zusätzlich im Sattelbau. Im Münsterland lebte er sich ein, fand Freunde und gründete eine kleine Familie. Im Jahr 2000 machte er sich schließlich als Reitsportsattler in Telgte im Kreis Warendorf selbstständig.

Aus dem Münsterland zurück in die alte Heimat

Knapp 25 Jahre blieb Marek Buck im Münsterland. 2016 zog es ihn wieder in die Heimat. Zunächst nutzte er die alten Gewerberäume seiner Eltern in Ostro/Wotrow. Kurz darauf erwarb er im nahegelegenen Rosenthal/Róžant ein denkmalgeschütztes Fachwerkhaus, in dem nun die neue Sattlerei untergebracht ist. Seitdem bietet die Bedarfssattlerei Handwerksarbeiten aus den drei Fachrichtungen des Sattlerhandwerk an: Fahrzeugsattlerei, Reitsportsattlerei sowie die Täschnerei.

Bei der Arbeit: Marek Buck in der Werkstatt
Sattlermeister Marek Buck bei der Arbeit. / Bildrechte: Marek Buck

Die Vielfalt seiner Aufträge schätzt Marek Buck besonders. Manchmal wird er beauftragt, die Polsterung eines Mopeds zu erneuern, aber auch Sofas, Verdeckplanen oder Zelte repariert sein Team. Zudem bessert er so genannte Feintäschnerwaren wie Henkel oder Tragegriffe von Taschen aus oder weitet Reitstiefel. Ein wichtiger Kundenstamm in Rosenthal ist die Jägerschaft, die Reparaturen und Fertigung von Messerscheiden oder Lederwaren für ihre Hunde beauftragen.

Sattelreparatur und -bau nehmen jedoch die meiste Zeit des Meisters in Anspruch. Bis heute ist die Fertigung eines neuen Reitsattels Marek Bucks liebste Aufgabe. Ein richtig guter Sattel ist nicht nur für den Reiter ein Muss. Auch das Pferd profitiert davon, da er das Reitergewicht optimal auf dem Rücken des Pferdes verteilt, das sich so besser und gesünder bewegen kann. Braucht ein Reiter einen neuen Sattel, so kommt Marek Buck zum Reithof und nimmt direkt am Pferd Maß. Mit einem Biegelineal misst er den Pferderücken aus und überträgt seine Maße auf Papier, sodass er den Rücken in seiner Werkstatt reproduzieren kann.

Für Marek Buck ist Sorbisch genauso Heimat wie die Lausitz

Marek Buck hat nie den Bezug zu seiner Heimat und der sorbischen Sprache verloren. „Es ist einfach meine Muttersprache und genauso meine Heimat wie die Lausitz“, erklärt Buck. Er spricht sie mit Stolz, auch in seiner Werkstatt gehört die sorbische Sprache zum Arbeitsalltag. Eine Mitarbeiterin ist Sorbin, genau wie viele Kundinnen und Kunden. Der Azubi aus einem deutschsprachigen Elternhaushalt spricht zwar kein Sorbisch, versteht aber ein paar Worte.

Marek Buck lebt inzwischen in einer sorbischen Patchworkfamilie mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Sorbisch spricht. Zwei seiner Kinder verständigen sich sicher in der Sprache, nur die älteste Tochter, die inzwischen in Hamburg lebt, beherrsche die Sprache nur bruchstückhaft: „Sie kann aber Unterhaltungen folgen, wenn sie zu Besuch ist“, so Buck. Nicht nur für seine Kinder empfindet Buck die sorbische Sprache als Geschenk: „Sie bekommen diese Sprache einfach mitgegeben. Das ist so wertvoll, und hilft beispielsweise auch dabei, neue Sprachen zu lernen.“

Die Bedeutung des Osterreitens für die Sattlerei

Die Traditionen der Sorben kommen dem Handwerksmeister bei der Arbeit zugute. Wenn es auf die Osterzeit zugeht, erhält die Sattlerei zahlreiche Aufträge für die mitunter aufwendig beschlagenen Festtagsgeschirre für das Osterreiten: „Die Fertigung und Reparatur der Schmuckgeschirre nimmt uns bis nach Ostern in Beschlag.“ Die Aufträge kämen zumeist von Privatpersonen. Gerade Großeltern und Eltern verschenken gerne ein neues, aufwendig gefertigtes Geschirr, wenn der Nachwuchs zum ersten Mal mitreitet.

Auswahl an Reitgeschirren
Detaillierte und kunstvoll gefertigte Geschirre in der Werkstatt von Marek Buck. / Bildrechte: Marek Buck

Marek Buck wünscht sich mehr Akzeptanz für die sorbische Sprache

Für die sorbische Sprache und die sorbische Kultur wünscht sich der Sattlermeister vor allem mehr Offenheit von Außenstehenden. In Nordrhein-Westfalen sei er auf viel Interesse gestoßen. In seiner Heimat bemerke er dagegen hin und wieder noch einige Vorurteile der sorbischen Gemeinschaft gegenüber.

In dieser Hinsicht hoffe er auf mehr Akzeptanz: „Die sorbische Sprache ist doch eine Bereicherung für unser Land und unsere Region. Da wünsche ich mir eine friedliche Koexistenz“, erklärt Marek Buck. Dazu gehören aber auch Stolz und Selbstbewusstsein auf Seiten der Sorben selbst. „Wir Sorben sollten auch unseren Beitrag dazu leisten, dass die Sprache lebendig bleibt und weitergegeben wird. Jeder von uns trägt da eine gewisse Verantwortung.“

5 sorbische Vokabeln rundum das Handwerk:

sedło – Sattel

sedłarnja – Sattlerei

kóń – Pferd

koža – Leder

jutrowne jěchanje – Osterreiten

 

Bildrechte: Marek Buck

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Was man jetzt nicht erhält, wird auch in der Zukunft nicht mehr da sein. Jemand, der jetzt die Sprache spricht, sollte sie deswegen auch weitergeben. Denn jede Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren sollten.
Juliana Kaulfürst
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