Zu Besuch im „Museum für Alle“

Das sorbische Museum in Bautzen versteht sich als Begegnungsstätte für Sorben, deutsche und auch internationale Gäste. Es ist ein Ort, an dem sorbische Kultur und Sprache nicht nur ausgestellt werden, sondern lebendig bleiben. Monika Oschika ist verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlung. Sie zeigt uns, wie das sorbische Museum eine Brücke zwischen Tradition und Moderne schlägt.

Von: Julia Mahal

Monika Oschika arbeitet seit rund fünf Jahren im Sorbischen Museum. Wie viele Mitarbeitende ist sie selbst Sorbin. Deshalb wird selbstverständlich untereinander viel Sorbisch gesprochen. Im Museum steht die sorbische Sprache immer an oberster Stelle – ganz bildlich gesprochen: Die Hinweistäfelchen sind zweisprachig. Zuerst Sorbisch, darunter Deutsch. Die Besuchergruppen sind sehr durchmischt: Bildungstouristen oder solche aus dem Dreiländereck, natürlich auch sorbische Gruppen und Schulklassen. Das Team freut sich auch über alle, jeden und jed die zufällig vorbeischauen. „Unser Museum ein Museum für alle!“, betont Monika Oschika

Rundgang durch das Serbski Muzej

Das Sorbische Museum gliedert sich in fünf Abschnitte. In der Galerie und im Festsaal kann man die Kunstsammlung für sorbische Bildende Kunst bestaunen und in der Literatursammlung verweilen. Werke sorbischer Künstler, Wissenschaftler und Schriftsteller, Kunst zu sorbischen Themen, aber auch Fotografien, Keramik und die Nachlässe bedeutender sorbischer Künstler wie Martin Nowak-Neumann und Otto Garten stellt das Museum hier zur Schau.

Die Dauerausstellung führt durch die Siedlungs- und Kulturgeschichte der Sorben, vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Vor allem die Entwicklung der kulturellen Identität der sorbischen Völker durch die Zeitgeschichte wird erklärt.

Ein eigener Bereich ist für die sorbischen Lebenswelten gestaltet. Die Interessierten können eintauchen in Traditionen und Bräuche, aber auch in die Bau- und Siedlungsweisen und die Volksmusik.

Zurück zu den Ursprüngen

Im Museum geht es aber nicht nur um die slawische, sondern insgesamt um die bewegte Geschichte Europas. „Das Interessante ist, dass von all den slawischen Stämmen nur noch wir Sorben übrig sind.“ erklärt Monika Oschika. „Hier in Bautzen und in der Nieder- und Oberlausitz sind heute wir Sorben diejenigen, die immer noch diesen slawischen Ursprung haben.“ Damit die Beibehaltung von Kultur und Sprache auch heutzutage funktioniert, müssten sie lebendig gehalten und vorgelebt werden – auch im Sorbischen Museum.

Trachten im sorbischen Museum.

Ein besonders eindrucksvolles Kulturgut sind die vielen Alltags- und Festtagstrachten. Jedes Dorf hat dabei seine eigene Variante. „Čej da sy? – Wessen bist du?“, erklärt Frau Oschika, sei eine bedeutende Frage für die sorbische Community. Wen wundert es da, dass die Herkunft regelrecht auf der Haut getragen wird. Während Alltagstrachten nur noch ältere Damen tragen, sind Festtrachten auch heute noch bei Feierlichkeiten beliebt. Elf verschiedene Trachtenregionen gab es früher, heute nur noch vier.

Die nächsten Generationen begeistern

„Die Vermittlung der sorbischen Kultur und Sprache an Jüngere ist wichtig, um beides erhalten zu können.“ erklärt Monika Oschika. Deshalb findet sie es gut, sich der Moderne gegenüber zu öffnen, in die Zukunft zu denken und gleichzeitig Traditionen zu bewahren.

Dazu passt die neue Sonderausstellung „Party im 21. Jahrhundert“,  ein weitgereistes Projekt. Die moderne Ausstellung zu Kopfschmuck und Ornamenten der Slowakei stellt die Frage, wie man Tracht eigentlich im 21. Jahrhundert interpretieren und präsentieren kann. Passend zur Ausstellung wurden Workshops veranstaltet: Kopfschmuck und Tücher ankleiden, kunstvollen Schmuck anprobieren und diese traditionellen Elemente dann mit modernen kombinieren: Bodypainting, bunte Hintergrundbemalung oder Einweben einzelner Teile in Alltagskleidung. Unter dem Motto „Sorbian Street Style“ entstanden wunderschöne Porträtfotos von jungen Menschen in modern interpretierter Tracht.

Teilnehmerinnen des Projekts
Die Teilnehmerinnen des Projektes präsentieren ihre Outfits mit Fotograf Matej Zieschwauck.
Teilnehmerin mit Kopfschmuck / Bildrechte: Matej Zieschwauck.

Auch für kleine Gäste hat das Museum eine besondere Methode geschaffen, um ihnen die sorbische Kultur näherzubringen. Mit einem Videoguide können sich Kinder von sorbischen Sagengestalten durch das Haus führen lassen. Ein Lutk, der Riese Sprejnik, eine Tochter des Wassermannes, das Irrlicht und der Schlangenkönig, erklären kindergerecht sorbische Bräuche und das Alltagsleben von Kindern im 19. und 20. Jahrhundert.

Monika Oschika gibt zu bedenken: „Die Selbstbehauptung einer Minderheit ist schwer heutzutage, Spracherhalt ist dabei ein wichtiger, aber nicht der einzige Aspekt. Wir brauchen die Kultur, wo man sie lebt und zeigt. Wir brauchen die Sprache in jeder Institution, in Schulen, zu Hause, im Kindergarten, im Alltag.“ Für die nächsten Generationen leistet das sorbische Museum in Bautzen seinen Beitrag zum Weiterleben der Kultur und Sprache.

 

Bildrechte: Sorbisches Museum Bautzen, Andrea Paulick

Bildrechte Porträts: Matej Zieschwauck 

 

Wenn du Lust bekommen hast, mehr über die sorbische Sprache zu erfahren und vielleicht selbst einmal einen Sorbisch-Kurs zu besuchen, kannst du dich hier informieren:

  • Sorbisch-Kurse für Erwachsene beim WITAJ-Sprachzentrum
  • Wikibooks zeigt dir Zahlen und obersorbische Sprüche
  • Auf soblex findest du ein Deutsch-Sorbisches Wörterbuch für schnelle Übersetzungen
  • Auf diesen Seiten findest du nützliche Informationen, um Sorbisch zu lernen
  • Diese Seite ist nicht nur etwas für Lehrende. Alle Interessierten können hier in 100 Sekunden sorbische Redewendungen lernen.
  • Beim Sorbischen Institut findest du ebenfalls hilfreiche Informationen
alle Beiträge laden

Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
Zum Interview