Sorbische Tradition: Ptači kwas / Vogelhochzeit

Die Vogelhochzeit ist den meisten als Volkslied bekannt, den gleichnamigen sorbischen Brauch kennen jenseits der Lausitz aber nur wenige. Die Ptači kwas (Obersorbisch) oder Ptaškowa swajźba (Niedersorbisch), die sorbische Vogelhochzeit, wird traditionell am 25. Januar gefeiert. Wir verraten euch, was es mit der Vogelhochzeit auf sich hat und warum sich vor allem Kinder jedes Jahr darauf freuen.

Von: Josi Altmann

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist der Jahresbrauch der Vogelhochzeit aus der Tradition entstanden, zu Jahresbeginn Opfergaben für Götter oder Ahnen bereitzustellen, mit denen um ein schnelles Ende des Winters gebeten wurde. Mit Sicherheit belegen lässt sich diese Theorie jedoch nicht. Feststeht, dass der Brauch seit vielen Jahrzehnten mit Begeisterung innerhalb der Familie weitergegeben wird und fest zur sorbischen Kultur gehört, wie das Osterreiten und das Bože Dźěćatko, das sorbische Christkind.

Was passiert bei dem Ptači Kwas?

Wie der Name schon verrät, wird bei der Vogelhochzeit die Hochzeit zweier Vögel gefeiert. Im deutschen Volkslied heiraten Amsel und Drossel, beim sorbischen Brauch bilden eine Sroka (Elster) und ein Hawron (Rabe) das tierische Brautpaar. Ende Januar beginnt bei vielen Vogelarten die Paarungszeit – sie wählen also einen Partner für die Brutzeit in Frühjahr und Sommer. Der Jahresbrauch der Sorben besagt, dass die Vögel zu eben dieser Zeit Hochzeit feiern und den Menschenkindern etwas von ihrem Festmahl abgeben.

Dekorierte Fensterbank zur Vogelhochzeit

Deshalb stellen die Kinder am Abend des 24. Januars voller Vorfreude einen Teller ins Freie, etwa in den Garten oder auf das Fensterbrett. Am nächsten Morgen finden sie dann zahlreiche Leckereien vor, die ihnen die Vögel gebracht haben – ähnlich dem befüllten Stiefel am Nikolaustag. Die schmackhaften Gaben bekommen die Kinder aber nicht für gutes Benehmen, sondern für eine gute Tat. Weil sie die Vögel im Winter mit ausreichend Futter versorgt haben, teilen die Vögel aus Dankbarkeit ihren Hochzeitsschmaus.

Welche Leckereien sind typisch für die Ptači Kwas?

Natürlich können die Vögel ganz verschiedene Leckereien auf dem Teller hinterlassen, traditionell landet dort aber vor allem süßes Gebäck, das rund um die Vogelhochzeit in regionalen Bäckereien zu bekommen ist. Der Bäckerei Richter in Großdubrau/Wulka Dubrawa bietet zu dieser Zeit beispielsweise Kremnester und Kremvögel an, aber auch sorbische Storchennester und andere in echter Handarbeit hergestellte Backwaren. Traditionell werden Elstern aus Teig – oft mit Rosinenaugen und Zuckerguss – gegessen, die auf Sorbisch „Sroki“ (Singular: Sroka) heißen.

Leckereien von der Bäckerei Richter

Bräuche zum Ptači Kwas: Verkleidungen, Lieder und Theaterstücke

Nachdem sie die Gaben auf ihren Tellern bewundert und vielleicht ein bisschen genascht haben, machen sich die Kinder auf dem Weg zur Schule oder zum Kindergarten. In vielen Dörfern gibt es anlässlich der Vogelhochzeit einen kleinen Festumzug. Größere Umzüge sind vor allem zwischen Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda üblich. Die Kleinen verkleiden sich dabei entweder als Vögel und sind somit Teil der Hochzeitsgesellschaft oder tragen die sorbisch-katholische Fest- bzw. Hochzeitstracht.

Die Vogelkostüme werden in den Wochen zuvor gemeinsam im Kindergarten oder mit den Eltern gebastelt. Dabei werden unter anderem Schnäbel aus Malkarton geformt und Federn an den Kleidern angebracht. Oft wird nach dem Umzug noch ein kleines Theaterstück zur Vermählung der beiden Vögel aufgeführt, dabei dürfen Reime und sorbische Lieder natürlich nicht fehlen. Im Anschluss wird in gemütlicher Runde gemeinsam das Gebäck genossen.

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Bildrechte: Beitragsbild IMAGO/epd, Bäckerei Richter, P. Ziesch 

Möchtest du mehr über das Ptači kwas erfahren? 

Einen besonders schönen Eindruck von der Vogelhochzeit liefert das Video von der Feier im Kultusministerium.

 

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Findest du, dass jeder in der Region Sorbisch lernen sollte?

Jeder sollte für sich entscheiden, ob er Sorbisch lernen möchte. Ich kann aber für mich persönlich sagen, dass ich es cool finde, die Sprache zu verstehen.
Annika
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