Sorbische Ostereier: „Das gehört einfach dazu!“

Präzise Linien, zarte Ornamente, filigrane Symbole: Sorbische Ostereier sind bereits auf den ersten Blick kleine Kunstwerke. Doch die aufwendigen Verzierungen dienen nicht nur der Ästhetik, sondern haben eine lange Tradition. In sorbischen Familien sind oft sogar mehrere Generationen am Verzieren beteiligt. Auf diese Weise wird der Brauch weitergegeben.

Von: Redaktion "Sorbisch? Na klar."

Warum verbinden wir gefärbte Eier mit dem Osterfest? Wie Hasen und Lämmer gehören sie zu den Motiven, die uns jedes Jahr zwischen März und April aufs Neue begegnen. Insbesondere das Ei hat einen festen Platz inmitten der Ostertraditionen. Zur Osterzeit schmückt es Schaufenster, Vorgärten und – aus Schokolade oder Zucker gegossen – sogar Gebäck und andere Süßspeisen.

Grundsätzlich gilt das Ei als Fruchtbarkeitssymbol, doch im Christentum steht es auch für die Auferstehung von Jesu Christi. Die Segnung von Eiern und anderen Osterspeisen führte die katholische Kirche allerdings erst im 12. Jahrhundert ein.

Das Eierfärben ist wiederum auf praktische Gründe zurückzuführen. Während der Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern dürfen traditionell weder Fleisch noch Eier verzehrt werden. Damit die Eier in der Zwischenzeit nicht verdarben, wurden sie bereits im Mittelalter durch Kochen haltbar gemacht. Um später noch unterscheiden zu können, wann welches Ei gekocht wurde, färbte man sie unterschiedlich ein.

Inzwischen werden Ostereier aus traditionellen, aber auch aus ästhetischen Gründen verziert. Die berühmten sorbischen Ostereier stechen durch ihre charakteristische Optik, teils aufwendige künstlerische Techniken und eine eigene Symbolik hervor.

Schauwerkstatt zu Ostern / Bildrechte: Sorbisches Museum

Ostereier verzieren als feste Familientradition

Neben dem Osterreiten gehört das Verzieren von Ostereiern wahrscheinlich zu den bekanntesten sorbischen Osterbräuchen. Die beeindruckenden Eier-Kunstwerke sind über die Lausitz hinaus bekannt und auch bei Touristen ein beliebtes Mitbringsel aus ihrem Urlaub in der Lausitz. Für die Sorbinnen und Sorben steckt jedoch viel mehr dahinter als bloß hübsch anzusehende Osterdeko. Für sie ist das Verzieren ein wichtiges Stück Tradition, das es zu bewahren gilt.

Ursprünglich schenkten Patenkinder ihren Paten die Eier als sogenanntes Patengeschenk zu Ostern, inzwischen werden die Patenkinder selbst und manchmal auch andere Familienmitglieder beschenkt. Ganz gleich, wer sich am Ende über die Ostereier freuen darf, in einem sind sich alle einig: Der Brauch ist etwas Familiäres und darf zu Ostern nicht fehlen.

Tradition und Brauchtum über Generationen weitergeben

Die älteste bekannte Verzierungstechnik ist die Ätztechnik. Es ist die Technik, die auch Edeltraud Gründel beherrscht und die in ihrer Familie über Generationen hinweg weitergegeben wurde. Schon ihre Großmutter hat Ostereier auf diese Weise verziert. Für Edeltraud Gründel ist es daher entscheidend, dieses Brauchtum nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ihre Ostereier wurden schon bei einigen Wettbewerben ausgezeichnet. „Es ist mir wichtig, dass das nicht verloren geht“, sagt sie. „Es ist eben Tradition.“ Ihrer Tochter hat sie die Ätztechnik ebenfalls beigebracht. Auch die Enkel verzieren bereits Ostereier und nehmen an den jährlichen Wettbewerben und Ausstellungen teil.

Sorbische Ostereier im Sorbischen Museum in Bautzen / Bildrechte: Sorbisches Museum

„Allein der Geruch vom Wachs!“

Sylvia Panoscha ist Leiterin des Sorbischen Kulturzentrums Schleife. Zur Osterzeit herrscht dort Hochbetrieb, so wie in vielen anderen sorbischen Institutionen. Manche wollen die wunderschönen Ostereier nur bewundern, andere das Verzieren selbst erlernen. Sylvia Panoscha hat daher viel zu tun. Sie nimmt sich jedoch die Zeit, zu erzählen, wie sie das Eierverzieren in ihrer Kindheit erlebt hat: „Schon meine Großmutter hat am Karfreitag die Ostereier verziert. Ich durfte mit aufgeplatzten Eiern üben. Das ist schon besonders, wenn man sich daran erinnert. Allein der Geruch vom Wachs!“ Auch sie bestätigt, dass das Verzieren zu Ostern gehört und eine wichtige Familientradition ist, die sie gerne weitergibt.

Durch die große Popularität der sorbischen Ostereier, zahlreiche Workshop-Angebote für Neulinge und die Weitergabe innerhalb der Familie sind alle guter Hoffnung, dass dieses Brauchtum der Lausitz/Łužica noch lange erhalten bleibt.

Traditionelle Verziertechniken: Von einfach bis anspruchsvoll

Wie ist es überhaupt möglich, einen so winzigen Gegenstand so aufwendig zu verzieren? Tatsächlich gibt es vier traditionelle Grundtechniken, um ein sorbisches Osterei zu gestalten. Einige sind komplizierter, andere auch für Anfänger geeignet. Das Sorbische Museum Bautzen / Budyšin bietet jährlich zur Osterzeit Workshops an, bei denen die teils kniffligen Techniken unter fachkundiger Anleitung erlernt werden können.

Menschen beim Verzieren von Ostereiern.
Groß und Klein verzieren sorbische Ostereier / Bildrechte: Sorbisches Museum

Die vier Techniken zum Verzieren sorbischer Ostereier im Überblick:

  • Ätztechnik

Bei dieser Technik werden Symbole auf bereits gefärbte Eier geätzt. Früher wurde dafür sowohl Ameisen- als auch Milchsäure genutzt, heute verwendet man verdünnte Salzsäure.

  • Bossiertechnik

Beim Bossieren werden die Eier mit flüssigem Wachs verziert, wobei das Wachs traditionell mit einem Federkiel aufgetragen wird. Wegen ihrer Hitzebeständigkeit werden zumeist Gänsefedern verwendet.

  • Wachsbatiktechnik

Hierbei werden die Eier mehrmals in Wachs getaucht und verziert. Begonnen wird mit der hellsten Farbe, von Schicht zu Schicht werden die Farben dunkler. Am Ende werden überschüssige Wachsreste entfernt. Auch Anfänger können diese Technik mit etwas Übung meistern.

  • Kratztechnik

Bei dieser Technik werden die Eier zunächst gefärbt. Im Anschluss werden Ornamente und Symbole mit einer Messerspitze in die Oberfläche gekratzt. Die Kratztechnik erfordert besonders viel Fingerspitzengefühl und Geduld, denn das ausgeblasene Ei kann bei zu viel Krafteinsatz schnell zerbrechen.

Hier findest du Kurzanleitungen zu den verschiedenen Techniken und hier zudem eine Übersicht, welches Zubehör du zum Verzieren benötigst.

Möchtest du mehr über die sorbischen Ostertraditionen erfahren? Andrea Paulik vom Sorbischen Museum hat uns erzählt, welche Bräuche es gibt. Einer davon ist zum Beispiel das bekannte Osterreiten.

Fünf sorbische Vokabeln rundum Ostereier

  1. Eierverzieren – jejka debić (wortwörtlich: Eier verzieren)
  2. Ostereiermarkt – jutrowne wiki
  3. Ostern – jutry
  4. Paten – kmótřacy
  5. Ostereierschieben – jejkakulenje (Brauch bzw. Spiel, bei dem Ostereier einen Hügel heruntergerollt werden)
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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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