Darum lohnt sich Sorbisch im Beruf

Annika und Alex sind zwei der Schülerinnen und Schüler, die uns auf unserer Reise erzählt haben, wie sie Sorbisch als zweite Sprache im Kindergarten und der Schule gelernt haben. Sie sind froh, die Sprache sprechen zu können. Aber bringt einem Sorbisch wirklich auch etwas für die Zukunft? Braucht man die Sprache im Berufsleben? Wir wollten es genau wissen und haben vor einiger Zeit bei einem Deutschen und einer Sorbin nachgefragt.

Von: Josi Altmann

Klar, es ist immer gut, mehrere Sprachen zu beherrschen. Aber was bringt es einem später, wenn man Sorbisch spricht? Immerhin wird die Sprache außerhalb bestimmter Regionen gar nicht gesprochen oder verstanden. Um uns diese Frage zu beantworten, haben wir uns mit Stefan und Sylvia getroffen. Stefan ist deutscher Muttersprachler und hat extra für seinen Beruf Sprachkurse für Sorbisch belegt. Sylvia ist Sorbin und führt eine Apotheke in Bautzen.

Medienpädagoge Stefan: „Menschen, die viele Sprachen sprechen, sind kreativer.“

Stefan arbeitet als medienpädagogisch-technische Fachkraft im SAEK Bautzen. Das Unternehmen informiert und begleitet Heranwachsende bei der Mediennutzung. Stefan ist gelernter Mediengestalter und unterstützt in seinem Job jeden Tag Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Umgang mit digitalen Medien. Sorbische Wurzeln hat der gebürtige Görlitzer nicht. Für seinen Beruf hat er aber extra drei Sorbisch-Kurse gemacht: „In meinem Berufsalltag höre und lese ich immer wieder sorbische Sätze. Ich wollte einfach verstehen, worüber sich andere unterhalten und was sie schreiben.“

Wir haben Stefan im Kornmarkt-Center in Bautzen getroffen. (Foto: Redaktion)

Die Sprache hilft ihm auch in seinem Job, wenn er neuen Menschen begegnet. Denn eine nette Begrüßung auf Sorbisch kann schon mal das Eis brechen und der Beginn eines guten Gesprächs sein. Die Gespräche verlaufen eigentlich immer auf Deutsch, denn das Sprechen fällt dann doch etwas schwer. „Englisch zu sprechen, ist auf jeden Fall leichter“, erzählt er uns schmunzelnd und fügt schnell hinzu: „Aber auch wenn ich nicht aktiv Sorbisch spreche, ist es nützlich, dass ich viel verstehen und lesen kann. Das ist in der Region auf jeden Fall ein Vorteil.“ Aus seiner Erfahrung als Medienpädagoge heraus findet er die Zweisprachigkeit ebenfalls sehr wertvoll. Er sagt: „Menschen, die viele Sprachen sprechen, sind kreativer. Das ist wie ein Musikinstrument lernen.“

Stefan arbeitet für den SAEK, der seit 1999 eine der Anlaufstellen in Sachen Medienkompetenz in Bautzen ist.

In der Stadtapotheke in Bautzen berät Sylvia auch auf Sorbisch.

In Bautzen, auf Sorbisch „Budyšin“ haben wir Stefan und Sylvia getroffen.

Apothekerin Sylvia: „Es ist wichtig, dass es Orte gibt, an denen Sorbisch gesprochen werden kann.“

Sylvia treffen wir im Herzen Bautzens, wo sie eine Apotheke führt. Zu ihren Kundinnen und Kunden zählen viele sorbische Muttersprachler, die Sylvia des Öfteren auf Sorbisch berät. „Manchmal erkenne ich es am Klang der deutschen Sprache, wenn jemand auch Sorbisch kann. Dann spreche ich die Kundinnen und Kunden gern auf Sorbisch an. Viele wissen aber auch, dass ich die sorbische Sprache beherrsche und kommen deswegen zu mir in die Apotheke.“ Gerade für Muttersprachler sei es schön, wenn man die Sprache nicht nur in der Familie, sondern auch im Alltag pflegt: „Es ist wichtig, dass es Orte gibt, an denen Sorbisch gesprochen wird, um den Sprachraum für die sorbische Sprache zu erhalten.“ Geschäfte und Läden können einen Beitrag dazu leisten, dass die zweite Heimatsprache der Region lebendig bleibt.

Sylvias Apotheke liegt im Herzen von Bautzen. (Foto: Redaktion)

Gerade in der Apotheke merkt Sylvia oft, dass es die Menschen erleichtert, wenn sie gesundheitliche Themen auf ihrer Muttersprache besprechen können. Manche Wörter kommen aber so selten im Alltag vor, dass sie die sorbische Übersetzung noch nicht kennt. Das war zum Beispiel einmal bei dem Wort „Zwerchfell“ der Fall. Dann packt Sylvia die Neugier. Sie ruft dann ihre ehemalige Klassenlehrerin an und die recherchiert so lange, bis sie ein passendes sorbisches Wort gefunden hat. Die Übersetzung teilt Sylvia dann gern mit ihren Kundinnen und Kunden, die auch deswegen besonders gern in die Apotheke zurückkehren.

Wer in der Region arbeiten möchte, profitiert von Sorbisch

Als zweite Muttersprache der Region verbindet die Sprache einander auch im Berufsalltag. Für uns steht fest: Gerade in einer Zeit, in der alles digitaler wird, ist es doch schön, wenn man im persönlichen Kontakt aufeinander zugeht.

 

Beitragsbild: Wir haben Stefan vor einiger Zeit zum Gespräch getroffen. (Foto: Redaktion)

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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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