Nicht nur kultureller Schatz, sondern Herzenssache: Im Gespräch mit Barbara Klepsch

Ein Jahr „Sorbisch? Na klar.“ bedeutet ein Jahr voller Begegnungen – persönlich und virtuell. Über 50 Artikel. Einen regen Austausch auf Social Media. Zahlreiche geteilte Storys und persönliche Geschichten. Gebrandete Sticker, Linienbusse und sogar ein Zug. Mehr Sichtbarkeit. Mehr Dialog. Mehr Präsenz. Alles für die sorbische Sprache als kultureller Schatz der Oberlausitz. Auch die Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus Barbara Klepsch hat einen „Sorbisch? Na klar.“-Sticker auf ihrem Tablet kleben und unterstützt die Kampagne, wo sie nur kann. Zum einjährigen Geburtstag der Kampagne hat sie sich Zeit für ein Interview genommen und uns dabei verraten, warum ihr die sorbische Sprache am Herzen liegt und wie sie die Aussichten für den Kultur- und Tourismussektor in der Oberlausitz für das Jahr 2021einschätzt.

Von: Manuel Wagner

„Selbstverständlich habe ich den neusten Artikel aus dem „Sorbisch? Na klar.“-Magazin gelesen und kann deswegen auch auf Sorbisch gratulieren: Wjele zboža k narodninam!“

– Barbara Klepsch

 

Liebe Frau Klepsch, das vergangene Jahr war ein besonderes. Welches Fazit ziehen Sie als Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus für 2020?

Die Kultur- und Tourismuslandschaft wurde so hart wie wohl kein anderer Bereich von der Corona-Pandemie getroffen. Damit gehen Existenzsorgen einher – etwa für Kulturschaffende, kleinere Theater und natürlich für viele Betriebe, die vom Tourismus leben. Wir und auch der Bund haben zahlreiche Hilfsprogramme an den Start gebracht, um unser vielfältiges kulturelles und touristisches Angebot zu erhalten. Gleichzeitig sehe ich, wie groß die Sehnsucht nach Kunst und Kultur ist. Das zeigt, wie wichtig dieser Bereich für unsere Lebensqualität ist.

Warum ist die sorbische Sprache aus Ihrer Sicht wichtig für den Kultur- und Tourismussektor der Oberlausitz?

Die sorbische Sprache ist ein fester Teil der Oberlausitz – und das seit Jahrhunderten. Im kulturellen Leben beschränkt sich sie nicht nur auf das Brauchtum, sondern wir finden sie in der gesamten Kultur- und Kreativszene vor Ort.

Aus touristischer Sicht muss man sich zunächst fragen: Warum bereisen Menschen gerne eine bestimmte Region? Weil sie etwas Besonderes hat. In der Sächsischen Schweiz sind es die einmaligen Felsformen – im Erzgebirge ist es das Kunsthandwerk. Für die Lausitz ist die sorbische Sprache ein ganz besonderes Alleinstellungsmerkmal. Und diesen Schatz müssen wir gemeinsam bewahren.

Die „Sorbisch? Na klar.“-Kampagne hat genau dieses Ziel. Welches Feedback wurde an Sie herangetragen? Was hat die Kampagne bisher im positiven Sinne bewegt?

Eine kleine Geschichte dazu: Ich habe einen „Sorbisch? Na-klar.“-Aufkleber auf meinem Tablet. Viele Personen fragen neugierig, was es mit dem Aufkleber auf sich hat. Das ist immer eine super Gelegenheit, Werbung für die Kampagne zu machen. Wer „Sorbisch? Na klar.“ bereits kennt, spricht mich immer sehr positiv auf unser Online-Magazin an. Das Wichtigste ist: Diese Rückmeldungen kommen von sehr vielen Personen, die gar kein Sorbisch sprechen. Das zeigt, dass die Kampagne genau ihren Zweck erfüllt.

 Barbara Klepsch freut sich, wenn sie jemand auf den „Sorbisch? Na klar.“-Sticker auf ihrem Tablet anspricht. (Foto: SMKT)

Und welche Aktion von „Sorbisch? Na klar.“ hat Ihnen persönlich am meisten gefallen?

Besonders stolz bin ich auf die bunte Fassade in der Bautzner Innenstadt mit unserem Kampagnenlogo und auf den „Sorbisch? Na klar.“-Zug, der seit Anfang Februar unterwegs ist. Mit diesen Maßnahmen können wir eine breite Bevölkerung auf die Kampagne und auf das spannende Online-Magazin aufmerksam machen.

Warum ist es wichtig, dass es auch 2021 mit „Sorbisch? Na klar.“ weitergeht?

Wir wollen mit „Sorbisch? Na klar.“ ja vor allem die Akzeptanz und Wertschätzung der sorbischen Sprache sowie das Wissen über sie erhöhen. Vor ziemlich genau einem Jahr ist die Kampagne an den Start gegangen, unser erklärtes Ziel ist aber natürlich ein längerer Prozess. Deswegen werden wir diesen Weg auch weiter mit „Sorbisch? Na klar.“ begleiten.

Was wäre langfristig gesehen ein Ziel dieses Prozesses?

Ich denke viele sorbischsprachige Personen kennen folgende Situation: In aller Regel wechselt eine Unterhaltung auf Sorbisch direkt ins Deutsche, sobald jemand dazu kommt, der kein sorbisch versteht. Schon wenn diejenigen, die das Sorbische nicht verstehen, im Alltag sagen können: „Ihr könnt in meiner Gegenwart ruhig auf Sorbisch reden oder telefonieren. Das stört mich nicht.“ Und vielleicht noch dazu: „Ich finde es interessant!“ – dann haben wir einen guten Schritt in Richtung Wertschätzung der sorbischen Sprache und Ermutigung zu deren Gebrauch getan.

Haben Sie auch ein persönliches Ziel für 2021?

Im vergangenen Jahr habe ich unzählige Gespräche geführt mit Akteuren aus der Kultur-, Veranstaltungs- und Tourismusbranche. Das hat uns während der Corona-Pandemie gezeigt, wo noch Nöte bestehen und bei Regelungen und Unterstützungen noch nachgesteuert werden musste. Auch 2021 wird es mir besonders um den Dialog mit und über Kultur und Tourismus gehen. Wenn die Infektionslage es wieder zulässt, wollen wir ein landesweites Dialogformat starten, was sowohl die Kulturschaffenden spartenübergreifend im Blick hat, aber auch die Vernetzung zum Tourismus vor Ort mitdenkt.

Wie schätzen Sie denn insgesamt die Aussichten für den Kultur- und Tourismussektor in der Oberlausitz für das Jahr 2021 ein?

Durch die Corona-Pandemie wird sich unser Reiseverhalten grundlegend verändern. Viele Leute haben im vergangenen Jahr Deutschland als Urlaubsland für sich entdeckt. Im vergangenen Sommer, als die Infektionszahlen niedrig waren, gab es vor allem in der Oberlausitz einen regelrechten Ansturm auf das Übernachtungsangebot. Sobald es die äußeren Umstände wieder zulassen, wird die Region diesen Trend weiterverfolgen, da bin ich mir sicher.

Liebe Frau Klepsch, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für unser Interview genommen haben. Möchten Sie abschließend noch einen Gruß für die Leserinnen und Lesern von unserem Online-Magazin aussprechen?

Zunächst will ich mich bei allen Leserinnen und Lesern dafür bedanken, dass sie unsere Kampagne fleißig mitverfolgen! Ich hoffe, dass Sie weiterhin so viel Gefallen an den Geschichten rund um die sorbische Sprache finden. „Sorbisch. Na klar?“ setzt vor allem im Alltag der Menschen an, unabhängig davon, ob man sorbisch spricht oder nicht. Falls Sie auch eine spannende Alltagssituation zur sorbischen Sprache haben, können Sie uns gerne kontaktieren!

Beitragsbild: Barbara Klepsch auf der Eröffnungsveranstaltung von „Sorbisch? Na klar.“ im Februar 2020. (Foto: Matthias Bulang)

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Was wünschen Sie sich für das Schleifer Sorbisch?

Was man jetzt nicht erhält, wird auch in der Zukunft nicht mehr da sein. Jemand, der jetzt die Sprache spricht, sollte sie deswegen auch weitergeben. Denn jede Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren sollten.
Juliana Kaulfürst
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