Warum meine Kinder Sorbisch lernen sollen

Wenn ihr unserem Reisebericht gefolgt seid, kennt ihr sicher schon die in Cölln aufgewachsene Lubina, die die Küchenschlacht gewonnen und dort unter anderem die Sorbische Hochzeitssuppe gekocht hatte. Das Gespräch mit ihr fiel uns im Zusammenhang mit den Fußballbegriffen wieder ein: Warum nicht gleich zweisprachig aufwachsen, statt aufwendig Fußballvokabeln zu pauken?

Von: Manuel Wagner

Lubina wohnt mittlerweile in München, ist aber immer wieder in Cölln zu Besuch. Wer in der Lausitz lebt, weiß, dass es sich bei Letzterem nicht um eine der Großstädte Deutschlands handelt, sondern um ein Dorf zwischen Radibor und Bautzen. Und wie es für die Gegend typisch ist, ist auch Lubina mit zwei Sprachen aufgewachsen: Deutsch und Sorbisch. Wenn sie Kinder bekommt, möchte sie, dass diese beide Sprachen erlernen – auch wenn sie mittlerweile selbst oft Deutsch spricht. Warum das so ist, hat sie uns in unserem Gespräch erzählt.

Mit der Familie auf Sorbisch, mit dem Partner auf Deutsch

Mit ihren Eltern spricht Lubina nach wie vor Sorbisch: „Sorbisch habe ich als erste Sprache von meinen Eltern gelernt, es ist also meine Muttersprache. Auch heute unterhalte ich mich mit meinen Eltern am liebsten auf Sorbisch.“ Manchmal switchen Lubina und ihre Eltern aber auch ins Deutsche. Zum Beispiel, wenn ihr Partner dabei ist, der kein Sorbisch kann. „Wenn wir bei meinen Eltern sind, versuchen wir alle, auf Deutsch zu sprechen. Aber wenn ich mich zum Beispiel nur mit meiner Mutter unterhalte und mein Partner gerade ein anderes Gespräch führt, dann sprechen ich mit ihr natürlich auf Sorbisch.“ Auf größeren Familienfeiern wird dadurch ungefähr zu 80 Prozent Sorbisch und zu 20 Prozent Deutsch gesprochen. „Das klappt ganz automatisch und ohne Probleme“, berichtet uns Lubina.

Eine Besonderheit der Lausitz an die eigenen Kinder weitergeben

Noch hat Lubina keine eigenen Kinder. „Irgendwann möchten wir aber Kinder“, verrät sie und ergänzt: „Auch wenn mein Partner die sorbische Sprache selbst nicht beherrscht, würde ich es toll finden, wenn unsere Kinder mit beiden Sprachen aufwachsen. Ich würde mir wünschen, dass meine Kinder zumindest Sorbisch verstehen können.“ Dabei ist Lubina vor allem der Bezug zu ihrer Heimatregion wichtig: „In der Lausitz gibt es mit Deutsch und Sorbisch zwei gleichwertige Heimatsprachen. Das ist eine Besonderheit, auf die man stolz sein kann und die man auch weitergeben sollte.“

 

Weiterführende Links

Wikibooks zeigt dir Zahlen und obersorbische Sprüche.

Auf soblex findest du ein Deutsch-Sorbisches Wörterbuch für schnelle Übersetzungen.

Auf dieser Seite findest du nützliche Informationen, um Sorbisch zu lernen.

Das WITAJ-Sprachzentrum Bautzen bietet Sorbisch-Kurse für jede Altersklasse.

Alle Interessierten können hier in 100 Sekunden Sorbische Redewendungen lernen.

Sorbisch – „das ist wie beim Autofahren“

Auch wenn Lubina mit Sorbisch als Muttersprache aufgewachsen ist, kennt sie die Momente, in denen ihr spezielle Wörter nicht direkt einfallen. „In der Schulzeit habe ich fast nur Sorbisch gesprochen; heute spreche ich auch viel Deutsch. Ich merke dadurch bei mir selbst, dass ich manche Wörter aus dem Sorbischen vergesse. Wenn ich aber darauf achte, mehr Sorbisch zu sprechen, wird die Sprache sofort wieder stärker. Das ist wie beim Autofahren, das verlernt man nicht komplett.“ Umso wichtiger ist es Lubina, die Sprache in ihrem Alltag zu bewahren. Dazu gehört für sie nicht nur, selbst Sorbisch zu sprechen, sondern auch, das Verständnis für die Sprache zu stärken. „Sorbisch ist einfach ein ganz besonderes Merkmal der Lausitz. Wenn man damit selbstbewusster umgehen würde, bekommen vielleicht auch einige Deutschsprechende Lust, ein paar Wörter dieser zweiten Heimatsprache zu lernen.“ Ihr Freund beherrscht bereits die ersten sorbischen Vokabeln.

 

Beitragsbild: Lubina Jeschke und Cornelia Poletto (Quelle: ZDF/Norman Kalle)

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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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