Daniel ist vielleicht der bekannteste DJ der Lausitz. Unter dem Namen Madstep hat er erst kürzlich wieder sein Talent beim MDR Sputnik Radio mit einem Livestream unter Beweis gestellt. Daniel ist aber auch der Sprachbotschafter von „Sorbisch? Na klar.“ und setzt sich für einen entspannten Umgang mit der sorbischen Sprache im Alltag ein. In unserem Telefonat erzählte er uns, welche Ansichten über die sorbische Sprache sich hartnäckig halten und warum diese überhaupt nicht stimmen.
Musik früherer Generationen, klassische Texte, historische Klänge und Tänze? Wenn auch du dachtest, dass nur das Sorbisch ausmacht, dann lass dich überraschen: „Klar, es gibt auch traditionelle Kunst im Sorbischen,“ sagt Daniel, „aber es ist ganz schön was in Bewegung.“ Unser Sprachbotschafter spricht von der Welle an neuen künstlerischen sorbischen Beiträgen, die in den letzten Jahren in der Lausitz losgetreten wurde. „Vor allem viele junge Menschen setzen sich gerade auf vielfältige Weise kreativ mit der sorbischen Sprache auseinander. Von sorbischer Popmusik und sorbischem Rap über sorbisches Theater bis hin zum sorbischen Tanz ist alles dabei“, berichtet Daniel begeistert.
Die sorbische Kunstszene ist also alles andere als am Aussterben und erlebt sogar einen richtigen Boom. „80 Prozent der Kreativen kenne ich persönlich – da sind richtig gute Konzepte am Start, die natürlich längst nicht nur für sorbische Muttersprachlerinnen und -sprachler spannend sind, sondern auch für alle gemacht sind, die selbst kein Sorbisch verstehen.“
Besteht Sorbisch wirklich aus mehr als nur aus Trachten, Osterreiten und Ostereiern?
Wir geben zu: In vielen Dokus, Zeitungsberichten und Co. sieht man auch sorbische Osterreiter die Idylle der Lausitz entlangreiten. Mit viel Geschick werden Ostereier nach besonderer Technik verziert und auch die sorbischen Trachten fallen in den Medien oder an Festtagen ins Auge. „Das macht aber nicht unseren Alltag aus“, ergänzt Daniel. „Klar, Trachten und Traditionen gibt es auch noch. Sie haben aber nur an bestimmten Tagen im Jahr und zu wichtigen Ereignissen eine große Bedeutung.“ Viel wichtiger ist Daniel, dass Sorbisch einfach ein wichtiger Bestandteil im täglichen Leben ist: „Egal ob in der Grundschule, der weiterführenden Schule, später an der Uni in Leipzig oder in der Ausbildung – mir der sorbischen Sprache kommen viele junge Leute aus der Lausitz früh in Kontakt. Für Muttersprachlerinnen und Muttersprachler ist Sorbisch einfach die gesprochene Sprache in der Familie. Trachten und Traditionen sind nice to have. Die sorbische Sprache als kulturellen Schatz der Region zu erhalten, ist aber die wichtigste Sache.“
Aber ich werde doch trotzdem nie etwas verstehen?
Entweder man wächst damit auf, oder man wird diese Sprache nie verstehen. Vielleicht dachtest du dir das schon mal so? Klar, Sorbisch hört sich total anders an als Deutsch, aber zahlreiche Beispiele zeigen: Sie lässt sich sogar besonders gut lernen. Daniel verrät, woran das liegt. „Am besten lernt man eine Sprache, wenn man sie auch spricht und in Alltagssituationen anwenden kann. Wir in der Lausitz haben den Vorteil, dass Sorbisch noch viel gesprochen wird und auch auf Schildern zu lesen ist. Man kann seine ersten Lernfortschritte also direkt anwenden.“ Ob am Gartenzaun, mit Freundinnen oder beim Bäcker – du musst nicht weit reisen, um die Sprache zu üben. Ein Volkshochschulkurs kann hier der erste Schritt sein. Du kannst aber auch Bekannte Fragen, ob sie dir etwas beibringen können. „Meine Freundin lernt auch gerade Sorbisch“, erzählt Daniel „einfach nach und nach im Alltag – aber das funktioniert mega gut.“
Zum Ende unseres Telefonats hat Daniel noch eine tolle Botschaft, die wir euch natürlich nicht vorenthalten wollen: „99 Prozent der Personen, die ich treffe, sind total offen für das Thema. Wenn sie erfahren, dass ich Sorbisch spreche, wollen sie mehr wissen und sind schnell begeistert. Als Muttersprachler muss man sich deswegen nicht schämen, eine andere Sprache sprechen zu können. Man sollte einfach offen auf Leute zugehen, die Fragen haben. Genauso sollten alle, die Sorbisch nicht verstehen, neugierig bleiben: Wichtig ist, nicht auf überholten Vorurteilen sitzen zu bleiben, denn oft stimmen die so gar nicht oder bilden eben nur einen kleinen Teil der Wahrheit ab.“
Beitragsbild: Daniel Matka ist Sprachbotschafter von „Sorbisch? Na klar.“. (Foto: Redaktion)
Hier geht es zu den beiden anderen Interviews, die wir mit Daniel geführt haben:
Warum ich ohne Musik nicht leben kann
Wie es sich anfühlt, auf einer Bühne mit Paul Kalkbrenner zu stehen…