Wenn sich zwei Deutsche in England träfen, dann …

Wenn sich zwei Deutsche in England träfen, dann würden sie ganz automatisch in ihrer Muttersprache sprechen. Für Veronika Fröhlich ist es deshalb selbstverständlich, ihre Kundinnen und Kunden auch auf Sorbisch zu beraten, denn mit dieser Sprache ist die Oberlausitzerin aufgewachsen. Wenn ihr Sohn Martin Fröhlich zu Besuch ist, kann er seine Mutter manchmal jedoch nicht verstehen. Woran das liegt und was beide heute anders machen würden, haben sie mir unabhängig voneinander erzählt.

Von: Josi Altmann

Schön ist es in Fröhlich’s Haus der Geschenke. Zufällig stolpere ich in Wittichenau in das Ladengeschäft, in dem jeder Geschenkartikel liebevoll ausgesucht scheint. Veronika Fröhlich begrüßt mich freundlich und fragt, wie sie mir weiterhelfen kann. Auf der Entdeckungstour rund um die sorbische Sprache interessiert es mich natürlich besonders, ob in Wittichenau Sorbisch gesprochen wird. Die Antwort: In Wittichenau wird vor allem Deutsch gesprochen. Im Fachgeschäft für Geschenke, Hausrat und Porzellan finden Kundengespräche aber auch mal auf Sorbisch statt. Denn die sympathische Verkäuferin ist selbst Sorbin.

Martin Fröhlich trägt seinen Namen zurecht: Der 37-Jährige versprüht schon am Telefon eine solch optimistische Gelassenheit, die einen sofort ansteckt und fröhlich stimmt. Seine Sicht auf das Leben ist inspiriert von zahlreichen Reisen durch die verschiedensten Ländern der Welt und von einer für ihn sehr bedeutsamen Sache: seinen Wurzeln und den damit verbundenen Werten. Aufgewachsen ist der Unternehmer, Modeschaffende und Musiker als Kind einer sorbischen Mutter und eines deutschen Vaters in Wittichenau. Zu Hause wurde Deutsch gesprochen. In den ersten Schuljahren lernte er zwar noch Sorbisch, hat die Sprache dann aber nie vertieft. Leider, wie er selbst rückblickend sagt.

Frau Fröhlich wählt jedes Teil in ihrem Ladengeschäft sorgfältig aus. (Foto: privat, Martin Fröhlich)

Während unseres Gesprächs bedauert Veronika es, die sorbische Sprache nicht an ihre Kinder weitergegeben zu haben. Sie findet, dass vor allem die Eltern eine tragende Rolle spielen, wenn es um die Förderung einer zweiten Sprache geht. Heute achtet sie bewusst darauf, die sorbische Sprache zu pflegen und bietet in ihrem Laden einen Raum dazu. Ihr ist es aber genauso wichtig, ihren deutschsprechenden Kundinnen und Kunden dann kurz zu erklären, warum im Geschäft auch Sorbisch gesprochen wird. Dafür nutzt sie oft das kurze Beispiel: Wenn sich zwei Deutsche in England träfen, dann …

Martin versteht die sorbische Sprache fast nicht mehr. Aber obwohl er nicht weiß, was gesagt wird, wenn sich auf großen Familienfesten ein Teil seiner Verwandtschaft auf Sorbisch unterhält, löst die Sprache viele wertvolle Emotionen in ihm aus. Er erzählt mir, dass er sich geborgen fühlt, wenn er Sorbisch hört. Er versucht dann genau zuzuhören; nicht, um zu verstehen, was gesagt wird, sondern um zu spüren, was gemeint ist. Dieses Gefühl kommt mir bekannt vor. Ich muss an ein Kinderlied denken, das ich früher gern gehört habe. Damals verstand ich nicht, worum es in dem Lied geht. Aber wenn ich heute die Melodie höre, überkommt mich immer noch ein Gefühl von Zufriedenheit und Ruhe. So ungefähr wird das bei Martin mit der sorbischen Sprache sein.

Martins Schwester möchte, obwohl sie – oder gerade weil sie – ebenfalls kein Sorbisch spricht, ihr Kind bald auf einen sorbischsprachigen Kindergarten schicken. Martin erzählt mir stolz, wie sehr er diese Entscheidung bewundert. Auch er findet es wichtig, dass die sorbische Sprache gefördert und weitergetragen wird. Sorbisch ist eben ein Teil seiner Wurzeln. Auch Veronika erwähnte in unserem Gespräch ihr Enkelkind, mit dem sie nun bewusst Sorbisch sprechen möchte. Es ist, als hätte die Sprache in der Familie Fröhlich eine kurze Pause eingelegt, um nun wieder aktiver gelebt werden zu können. Ich finde das toll und denke nochmal an das Lied meiner Kindheit zurück.

 

Beitragsbild: Wenn sich zwei Deutsche in England träfen… (Foto: Aron Van de Pol auf Unsplash)

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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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