Sorbisch als Wohlfühlsprache: Mit Zahnärztin Katka in Panschwitz-Kuckau

Der Besuch in einer Zahnarztpraxis löst in vielen Menschen Unbehagen aus. Damit sich ihre Patientinnen und Patienten trotzdem wohlfühlen, spricht Katka während der Untersuchungen auch gern mal Sorbisch. Welchen Effekt das hat und wie die sympathische Zahnärztin aus Panschwitz-Kuckau ihren Alltag in zwei Sprachwelten erlebt, erfährst du hier.

Von: Linda Napier

Als ich Katka das erste Mal in ihrer Zahnarztpraxis anrufe, begrüßt sie mich am Telefon auf Deutsch – und auf Sorbisch. Auch wenn ich selbst kein Sorbisch spreche, freue ich mich über diesen offenen und unbefangenen Umgang mit den beiden Sprachen der Lausitz. Wir vereinbaren ein Interview und Katka eilt zurück ins Sprechzimmer.

Auch während unseres Interviews begeistert mich die Zahnärztin mit ihrer Lockerheit im Hinblick auf die sorbische Sprache: „Viele meiner Patientinnen und Patienten wissen schon vorher, dass ich auch Sorbisch spreche. Manchmal kommt aber auch jemand, der mich noch nicht kennt. Wenn ich dann anhand des Nachnamens oder der Ortschaft vermute, dass die Person auch Sorbisch sprechen könnte, frage ich einfach nach“, erzählt Katka.

„Sprechen Sie auch Sorbisch?“ – die 42-jährige Familienmutter versteht die Frage als eine Art Angebot: „Ich beherrsche beide Sprachen gleichermaßen und denke gar nicht viel darüber nach, ob ich Sorbisch sprechen soll oder nicht. Für mich ist es eher selbstverständlich, die Sprache zu wählen, mit der sich meine Patientin oder mein Patient am wohlsten fühlt.“

Sorbisch schafft mehr Geborgenheit im Zahnarztstuhl

„Viele Menschen verbinden mit ihrer Muttersprache ein besonderes Gefühl von Geborgenheit und Vertrautheit“, erklärt Katka. Gerade ältere Menschen zeigen sich oft dankbar, wenn neben der deutschen Sprache auch Sorbisch eine Option bei der Zahnkontrolle ist. So auch die Bewohnerinnen und Bewohner des Altenheims St. Ludmila in Crostwitz, die Katka als Zahnärztin betreut.

„Besonders die älteren Generationen haben früher mehr Sorbisch gesprochen. Ich spreche unter der Woche meistens mehr Deutsch als Sorbisch. Bei meinen Großeltern war das anders. Früher hat man vielleicht alle zwei Wochen mal Kontakt zur deutschen Sprache gehabt. Daher fühlen sich ältere Menschen oft besser abgeholt, wenn sie in ihrer Muttersprache sprechen können und zeigen sich entspannter.“

Aber auch bei Familien ist es Katka wichtig, Deutsch und Sorbisch als Sprachen anzubieten. „Bei etwas älteren Kindern warte ich einfach, in welcher Sprache sie mit mir anfangen zu sprechen. Das machen die schon intuitiv für sich richtig. Bei jüngeren Kindern frage ich die Eltern, welche Sprache bevorzugt wird“, erzählt die offene Zahnärztin. Wenn Kinder, die zweisprachig aufwachsen, von dem Elternteil begleitet werden, das kein Sorbisch spricht, ist diese Frage zum Beispiel besonders relevant. „Oft freuen sich die Eltern, dass ihr Kind auch im Alltag Sorbisch sprechen kann. Ich übersetze dem Elternteil dann später alles.“

Dabei ist Katka eines besonders wichtig: „Die Entscheidung, auf welcher Sprache gesprochen wird, liegt immer bei meinen Patientinnen und Patienten und wird niemals diskutiert. Ich biete einen Sprachraum an, lasse aber auch jedem seinen Sprachraum.“

Hier geht es zur Webseite der Zahnarztpraxis von Katka.

Sprachenkompass für Sorbisch und Deutsch

Katka ist in Bautzen geboren und hat ihre Kindheit in dem kleinen Rundlingsdorf Schweinerden (Obersorbisch: Swinjarnja) verbracht. Mit ihrer Familie sprach sie nur Sorbisch; Deutsch lernte sie beim Spielen von den Nachbarkindern. „Als Kind hatte ich einen inneren Sprachkompass, der mir immer gezeigt hat, welche Sprache ich wählen muss. Das funktionierte ganz automatisch. Und ich glaube, das habe ich mir bis heute beibehalten“, sagt die 42-Jährige.

Das zeigte sich unter anderem in ihrem Medizinstudium in Leipzig: „In der Zahnmedizin besteht das letzte Drittel des Studiums aus klinischen Kursen. Wir mussten zu den Übungen selbst Patientinnen oder Patienten mitbringen. Wenn ich jemanden mitgebracht habe, der auch Sorbisch konnte, war es für mich selbstverständlich, die Behandlung auch auf Sorbisch durchzuführen. Ich habe nie gefragt, ob ich Sorbisch anwenden darf und es hat auch nie jemand etwas dazu gesagt. Es war einfach ganz normal für mich. Ich war immer schon die Sorbin an der Uni, das hat mir auch geschmeichelt.“

Jungen Menschen rät die Zahnärztin, das zu studieren oder zu lernen, was sie wirklich interessiert. Der Medizinberuf eignet sich dabei gut, um auch in der Lausitz beruflich Fuß fassen zu können. Katka sagt: „Ganz unabhängig vom Beruf und Wohnort, sollte man aber einfach dann Sorbisch sprechen, wenn man sich danach fühlt.“

Ich bin beeindruckt, wie sehr Katka zu ihrer Muttersprache steht. Sie hat die Entscheidung getroffen, dass sie der sorbischen Sprache als Teil ihrer Identität auch einen Raum im Alltag geben möchte. Gleichzeitig verlangt sie von niemandem, dies selbst zu tun. Mit Weitblick behandelt sie Kinder, Eltern und Großeltern in ihrer Praxis in zwei Sprachen und hat dabei immer das Wohlbefinden der Menschen im Blick.

 

Katka hat uns noch fünf sorbische Sätze aus der Zahnarztpraxis mitgebracht:

Was führt Sie zu mir? | Što was ke mni wjedźe?
Wo tut es weh? | Hdźe boli?
Mir ist eine Füllung herausgefallen. | Mi je pjelnjenka wupadnyła.
Möchten sie noch mal ausspülen? | Chceće hišće raz wopłoknyć?
Bitte warten sie noch eine Stunde mit dem Essen und Trinken. | Prošu doćakajće hišće hodźinu z jědźu a pićom.

 

Beitragsbild: Katka vor einem deutsch-sorbischen Schild, das auf ihre Zahnarztpraxis hinweist. (Foto: privat/Katka Baier)

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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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