Mediale Sprachräume: Warum das sorbischsprachige KiKANiNCHEN „KiKANUKL“ so wichtig ist

Seit kurzem stehen alle 26 Module des Vorschulangebots „KiKANiNCHEN“ auf Sorbisch zur Verfügung – das „KiKANUKL“ ist eine echte Bereicherung für Eltern, Kinder und die sorbische Medienlandschaft. Wir haben mit der Redakteurin und CvD Andrea Keschke / Andreja Chěžcyna darüber gesprochen, warum Angebote wie diese unerlässlich sind.

Von: Redaktion "Sorbisch? Na klar."

Im Mai feierte das KiKANUKL – so heißt das KiKANiNCHEN auf Sorbisch – Premiere in Bautzen. Seit kurzem sind alle 26 Module (Kurzvideos) auf der zugehörigen Website verfügbar. Das sorbische Online-Angebot für Kinder ist in seiner Form einzigartig und stellt daher eine echte Bereicherung für den medialen Sprachraum dar, wo es noch nicht so viele moderne visuelle Angebote dieser Art gibt. Mehr spannende Formate für Kinder und Jugendliche findet Ihr in der Infobox.

Bei einem Seminar kam Andrea Keschke, Redakteurin und Chefin vom Dienst beim Sorbischen Rundfunk, mit einer KiKa-Mitarbeiterin ins Gespräch. Kurz darauf übernahm sie die Organisation des Projekts und koordinierte die Umsetzung der sorbischen Version. Verschiedene Akteure mussten gefunden und zusammengebracht werden. Übersetzt wurden die meisten Filme (alle KiKANUKL-Module sowie viele schon vorhandene Übersetzungen) von Lubina Hajduk-Veljkovićowa. Die Synchronisation übernahm das Studio Lucija aus Bautzen, ein medienpädagogisches Projekt des Sorbischen Schulvereins.

„Den wenigen sorbischen Angebote werden trotzdem und bewusster genutzt.“  

Für Kinder gäbe es kaum sorbischsprachige Filme und Serien, so Andrea Keschke, selbst Mutter von zwei Kindern im Grundschulalter. Vieles existiere nur auf VHS oder DVD und sei allein dadurch manchmal aus der Zeit gefallen. Aufgrund der geringen Auswahl können Eltern und Kinder nicht wählerisch sein, wissen die bestehenden Angebote jedoch auch besonders zu schätzen. „Meine Kinder haben auch das KiKANiNCHEN geschaut, obwohl sie dafür eigentlich zu alt sind. Die wenigen sorbischen Angebote, die es gibt, werden von ihnen eben trotzdem und bewusster genutzt“, so Andrea Keschke.

Das neue Angebot wurde begeistert aufgenommen

Zur Premiere des KiKANUKLs wurde eine Kindergartengruppe der sorbischen Kita „Jan Radyserb-Wjela“ eingeladen. Ein Konferenzraum im Studio des Sorbischen Rundfunks wurde kurzerhand zum Mini-Kinosaal umfunktioniert, Popcorn und Tickets für die Kleinen inklusive. Die Reaktionen: durchweg positiv. „Es ist natürlich schön, wenn die Augen immer größer werden und die Kinder dann ganz verwundert rufen ‚Das kann ja auch Sorbisch!‘“, erzählt Andrea Keschke.

Zuerst seien die Kinder überrascht gewesen, hätten den Gebrauch der sorbischen Sprache dann aber schnell als normal angesehen. Genau das sei auch das Ziel. Die Eltern zeigten sich ebenfalls begeistert, dass es nicht bloß neue, sondern moderne Inhalte für den Nachwuchs gibt. Andrea Keschke betont: „Es ist unheimlich wichtig, solche Angebote wirklich als Sprachraum zu begreifen. Sie sind eine absolute Chance, die wir nutzen sollten.“

Ein Stück Lebensrealität fehlt noch

Um einen medialen sorbischen Sprachraum für Kinder und Jugendliche zu schaffen, bräuchte es viel – so viel, dass Andrea Keschke unter den derzeitigen Bedingungen an der Machbarkeit zweifelt. Eine mögliche Lösung sieht sie in einer Regelung auf europäischer Ebene, etwa durch Bestrebungen der FUEN (Förderalistische Union Europäischer Nationalitäten). Denn sorbischen Produktionen stehen vor allem die teuren Lizenzen im Wege; vieles kann deshalb aus Kostengründen nicht realisiert werden. Harry Potter auf Sorbisch, das ginge derzeit leider nicht.

Dabei bräuchte es dringend eine größere und diversere Palette sorbischer Angebote, damit die Sprache im Alltag junger Menschen präsent ist und bleibt, meint Andrea Keschke. Die derzeitige Auswahl sei zu einseitig. Die Inhalte ähnelten sich stark, oft seien sie eher pädagogisch. Filme und Serien, die gerade im Trend liegen, gibt es nur auf Deutsch. Ein wichtiger Teil der Lebensrealität von Kindern und Jugendlich existiert daher auf Sorbisch nur eingeschränkt.

Mediale Sprachräume sind Alltag, aber nicht sorbisch

YouTube, Social Media, Streamingdienste – die Inhalte auf den beliebten Plattformen werden von den Generationen Z und Alpha in deutscher oder englischer Sprache konsumiert. Andrea Keschke beobachtet, dass ihre Kinder die eigenen Lieblingsserien auf Deutsch nachspielen, denn das ist die Sprache, die dort gesprochen wird – und das, obwohl sie zu Hause eigentlich nur Sorbisch sprechen. „Kinder bewegen sich heutzutage täglich in medialen Sprachräumen, das ist ganz normal“, erklärt sie und fügt überzeugt hinzu: „Und gerade, weil es so normal ist, muss es auch normal sein, dass es Sorbisch ist.“

Bildrechte: KiKA

Mehr Informationen und sorbischsprachige Angebote für Eltern und Kinder:

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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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Was wünschen Sie sich für das Schleifer Sorbisch?

Was man jetzt nicht erhält, wird auch in der Zukunft nicht mehr da sein. Jemand, der jetzt die Sprache spricht, sollte sie deswegen auch weitergeben. Denn jede Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren sollten.
Juliana Kaulfürst
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