Fünf sorbische Redewendungen und ihre deutschen Entsprechungen

Redewendungen und Sprichwörter sind fester Bestandteil unseres Wortschatzes. Manche benutzen wir so selbstverständlich, dass es uns im Alltag gar nicht mehr auffällt. Sobald wir allerdings länger über eine uns vertraute Redewendung nachdenken, kommen wir ins Grübeln. Wo kommen die Redewendungen eigentlich her? Und bedeuten sie heute noch dasselbe wie damals? Heute stellen wir euch fünf sorbische Redewendungen vor.  

Von: Josi Altmann

Redewendungen und Sprichwörter werden über viele Generationen hinweg überliefert. Häufig wandelt sich dabei die ursprünglich buchstäbliche Bedeutung in eine übertragene. Sprichwörter können für sich stehen, während Redewendungen nur im Zusammenhang mit einer Aussage Sinn ergeben. Bei Sprichwörtern handelt es sich zudem oft Lebensweisheiten, die humorvoll und manchmal auch ironisch verpackt werden. Für viele sorbische Redewendungen gibt es eine deutsche Entsprechung – diese ist aber nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Oder hättest du gewusst, was Ziegen mit Pech zu tun haben?   

 

1. „Toho je koza liznyła!”/ „Den hat die Ziege geleckt.“

Wenn du auf Sorbisch sagen möchtest, dass jemand das Nachsehen hat, dann ist dieser Ausdruck der richtige für dich. Die wörtliche Übersetzung wäre im Deutschen natürlich eher unüblich – in diesem Fall sagt man eher „Pech gehabt“. Dass wir Pech heute mit Unglück verbinden, ist übrigens mit großer Wahrscheinlichkeit auf das Mittelalter zurückzuführen. Mit Pech ist hier eine zähflüssige Masse aus harzhaltigem Holz, Kohle und Erdöl gemeint. Diese wurde damals als Brenn- und Klebstoff genutzt, aber auch zur Verteidigung von Burgen und Festungen eingesetzt. Das siedende Pech wurde hierbei auf Feinde gegossen – daher der Ausdruck „Pech gehabt“.  

2. „Šćěpku připołožić” – „Ein Scheit dazulegen”

Die sorbische Redewendung „Šćěpku připołožić” entspricht im Deutschen dem Ausdruck „Öl ins Feuer gießen“. Gemeint ist heute in beiden Fällen, dass eine Situation verschlimmert bzw. verstärkt wird. Das Öl dient als Brandbeschleuniger und auch ein weiteres Holzscheit im Kamin vergrößert das Feuer. Diese Redensarten sind sich also sehr ähnlich.  

3. „Maš-li so jako w dźećelku zajac, njezabudź hłódnych“ – „Lebst du wie der Hase im Klee“

Was im Sorbischen der Hase im Klee ist, ist in der deutschen Sprache die „Made im Speck“ – in beiden Fällen ist jemand gemeint, der buchstäblich im Überfluss lebt und es sich sehr gut gehen lässt. Warum der Hase im Sorbischen ausgerechnet im Klee sitzt? Vielleicht ist dies auf den sogenannten Hasen-Klee zurückzuführen; eine Pflanze, die aufgrund der harten, bitteren Bestandteile tatsächlich nicht von Nutztieren, dafür aber von den Hasen auf dem Feld vertilgt wurde.  

4.  „Štož dźensa hotowe, jutře njemórči“ – „Was heute fertig ist, brummt morgen nicht mehr.“

Benutzt du manchmal den Spruch „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“? Sprichwörter und Redewendungen, die besagen, dass man die Dinge besser nicht vor sich herschieben sollte, gibt es viele. Auch die Sorben haben dafür einen passenden Ausdruck. Das nächste Mal, wenn du eine Aufgabe lieber gleich erledigen willst, kannst du also sagen: Štož dźensa hotowe, jutře njemórči!

5. „Zapłata dyrbi wjetša być hač dźěra.“ – „Der Flicken muss größer sein als das Loch“.

Dieses bekannte sorbische Sprichwort stimmt zwar buchstäblich, ist aber natürlich auch im übertragenen Sinne zu verstehen. Sinngemäß bedeutet es: Damit eine Lösung funktioniert, darf sie nicht nur einen Teil des Problems lösen, sondern sollte darüber hinausgehen. Dieses Sprichwort wird auch im Deutschen verwendet, die sorbische Variante war vor einigen Jahren sogar auf Wahlplakaten in der Lausitz zu sehen.  

Kennst du eine sorbische Redewendung? Dann teil sie doch auf unseren Social-Media-Kanälen mit uns!  

Weiterführende Informationen:  

Wir haben in der Vergangenheit schon sorbische Redewendungen vorgestellt. Diese findest du hier: Sorbische Redewendungen.  

Für sorbische Redewendungen gibt es das Obersorbische phraseologische Wörterbuch, von Anatolij Ivčenko und Sonja Wölke, Domowina-Verlag GmbH, Bautzen 2004. 

In unserer „Sorbisch? Na Klar.“-Soundcloud findest du sorbische Sprachaufnahmen.

alle Beiträge laden

Findest du, dass jeder in der Region Sorbisch lernen sollte?

Jeder sollte für sich entscheiden, ob er Sorbisch lernen möchte. Ich kann aber für mich persönlich sagen, dass ich es cool finde, die Sprache zu verstehen.
Annika
Zum Interview