Ronald Juhnke ist stellvertretender Geschäftsführer des Lausitzer Unternehmens TDDK (TD Deutsche Klimakompressor GmbH). Das Tochterunternehmen der japanischen Firmen Toyota und Denso hat kürzlich eine zweisprachige Mitarbeiterzeitung herausgebracht und war damit in aller Munde. Doch die zweite Sprache war nicht etwa Japanisch, sondern Sorbisch! Welche brenzlige Situation der Auslöser für dieses Projekt war und was eine Hausfassade in Bautzen damit zu tun hat, verrät der gebürtige Berliner im Interview.
Herr Juhnke, Sie sind gebürtiger Berliner. Was hat Sie in die Oberlausitz verschlagen?
1999 wurde unsere Firma in der Lausitz gegründet. Ich bin von Haus aus Japanologe und kam ursprünglich als Dolmetscher für das Unternehmen her. Eine Sprache hat mich also in die Gegend geführt.
Als stellvertretender Geschäftsführer haben Sie nun ein besonderes Sprachenprojekt umgesetzt und eine deutsch-sorbische Mitarbeiterzeitung initiiert. Wie kam es dazu?
Unsere Mitarbeiterzeitung kommt alle zwei Monate heraus. Dass wir eine deutsch-sorbische Ausgabe anbieten wollten, hat mehrere Gründe. Aber die Schlüsselsituation war ein Konflikt in einem unserer Pausenräume. Hier ist einmal der Satz gefallen „Im Pausenraum soll Deutsch und kein Sorbisch gesprochen werden“. Als japanisch-deutsche Firma ist Mehrsprachigkeit ein wichtiger Teil der Unternehmenskultur. Dass gegenüber Sorbisch, der zweiten Amtssprache unserer Region, dann so eine Aussage getätigt wird, hat mich wirklich nachdenklich gestimmt. Wir erleben diese Einstellung zum Beispiel nicht gegenüber Gesprächen, die auf Polnisch oder Japanisch geführt werden. Hier ist mehr Toleranz da, weil viele annehmen, dass unsere zugezogenen Mitarbeitenden diese Sprachen einfach besser beherrschen als Deutsch. Bei den sorbischen Muttersprachlern wissen sie hingegen, dass diese genauso gut Deutsch sprechen. Die Sorge scheint hier größer, dass daher absichtlich auf Sorbisch gesprochen wird, um über die anderen zu reden. Diesem alten Vorurteil wollten wir mit der zweisprachigen Mitarbeiterzeitung entgegenwirken. Es gibt nämlich auch positive Beispiele in der Firma, die ich gern zeigen wollte.
Welche sind das zum Beispiel?
Besonders inspiriert hat mich hier unsere Mitarbeiterin Frau Miersch. Sie unterhält sich sehr unbefangen mit anderen Kolleginnen und Kollegen auf Sorbisch und diese Haltung finde ich einfach richtig und gut. Sie hat dann auch sehr geholfen, das Projekt umzusetzen. Zusammen haben wir alle Mitarbeitenden angeschrieben, bei denen wir vermuteten, dass sie Sorbisch sprechen können. Bei manchen wussten wir, dass sie Muttersprachler sind, andere sind auf dem Sorbischen Gymnasium gewesen oder haben einmal von sorbischen Großeltern erzählt. Sieben von ihnen hatten Lust, an der Ausgabe mitzuwirken.
Wie haben Sie die Mitarbeiterzeitung dann redaktionell umgesetzt?
Unser Anspruch ist, dass die Mitarbeiterzeitung von Mitarbeitenden für Mitarbeitende gestaltet sein soll. Deswegen haben wir den ersten Entwurf selbst auf die Beine gestellt. Manche haben einen zweisprachigen Artikel geschrieben, andere haben uns bei der sorbischen Übersetzung geholfen oder ein Foto für die Mitarbeiterzeitung gemacht. Für den letzten Feinschliff haben wir ein sorbisches Übersetzungsbüro beauftragt.
Wie waren die Reaktionen auf die deutsch-sorbische Mitarbeiterzeitung?
Wir haben bis jetzt keine einzige Kritik zu hören bekommen. Das Feedback war durchweg positiv. Was uns aber wirklich überrascht hat, ist das große Interesse der Medien. Es wurde viel über uns berichtet. Eine deutsch-sorbische Mitarbeiterzeitung gab es einfach noch nicht. Auch uns ist diese Idee erst nach 20 Jahren gekommen. Aber ich denke, dass wir damit ein erstes richtiges Zeichen in der Region setzen konnten.
Spüren Sie diese Resonanz aus der Region auch an anderer Stelle?
Ja, das ist tatsächlich so. Als wir 1999 in der Region angefangen haben, herrschte eine Arbeitslosigkeit von etwa 25 Prozent. Wir konnten viele tolle Mitarbeitende für unser Unternehmen gewinnen. Mittlerweise hat sich der Arbeitsmarkt verändert und der Fachkräftemangel ist auch für uns ein Thema. Durch die Aktion mit der Mitarbeiterzeitung haben wir sicher auch einige sorbische Familien auf uns aufmerksam gemacht. Bei uns wird zwar nicht spezifisch Sorbisch gesprochen, aber wir konnten zeigen, dass wir offen sind und Vielfalt sowie Sprachen zu schätzen wissen. Das ist gerade vielen jungen Menschen in der Region wichtig. Als großer industrieller Arbeitgeber möchten wir die Themen der Nachwuchskräfte angehen.
Ihr Heft titelt auch „Sorbisch? Na klar.“. Welche Rolle hat unsere Kampagne für die Erstellung der Mitarbeiterzeitung gespielt?
Zum einen bin ich hobbymäßig Stadtführer in Bautzen, daher war mir die Kampagne schon lange geläufig. Das Interesse unserer Gäste an der sorbischen Kultur und Sprache ist wirklich groß. Zum anderen fahre ich jeden Tag auf dem Weg von der Arbeit mit dem Auto an dem Haus in Bautzen vorbei, dessen Fassade von „Sorbisch? Na klar.“ gestaltet worden ist. Das hat das Thema nochmal in meinen Fokus gerückt.
Werden alle Ausgaben der Mitarbeiterzeitung nun zweisprachig sein?
So gern wir dies auch tun würden: Leider können wir diesen Aufwand nicht stemmen. Aber die Thematik ist jetzt angestoßen und ich hoffe, dass wir alle gemeinsam nun aufmerksamer mit diesem Sprachschatz der Region umgehen werden.
Vielen Dank für das Interview!
Beitragsbild: Ein Cover-Ausschnitt der deutsch-sorbischen Ausgabe. (Foto: TDDK)
Hier geht es zur Webseite der TD Deutsche Klimakompressor GmbH.
Und hier kannst du die deutsch-sorbische Ausgabe online lesen.