Auf dem Weg zur ersten Fußball-Bundesliga

Am liebsten ist Lea (18) in der Umgebung um Bautzen herum unterwegs – „Das ist meine Gegend“, sagt sie in unserem Gespräch. Am Wochenende reist die talentierte Schiedsrichterin aus Kleinwelka aber auch durch ganz Sachsen, um Fußballspiele der höheren Ligen zu pfeifen. Der Sport ist ihre große Leidenschaft. Das merkt man sofort. Im Interview berichtet sie uns, was sie sonst noch bewegt, wie das „Corona-Abi“ für sie war und davon, welche Herausforderungen sie als sorbische Schiedsrichterin meistern muss.

Von: Stefan Rennert

Lea, du bist erfolgreich als Schiedsrichterin in ganz Sachsen unterwegs. Wo pfeifst du lieber? Hier in der Gegend oder in den größeren Städten wie Cottbus und Leipzig?

Das ist schwer vergleichbar. In den höheren Ligen laufen die Spiele ganz anders ab. Aber ich freue mich immer, Spiele hier in der Gegend pfeifen zu können. Bautzen ist einfach die Umgebung, in der ich mich am liebsten aufhalte. Hier bin ich aufgewachsen, in Radibor in die Grundschule und in Bautzen auf das Sorbische Gymnasium gegangen. Hier wohnen die meisten meiner Freundinnen und Freunde und meine Familie. Das ist meine Gegend.

Du hast dieses Jahr dein Abi gemacht und gehörst damit zum sogenannten „Corona-Abiturjahrgang“. Wie war das für dich?

Also das „Corona-Abi“ war auf der einen Seite gut, weil wir dadurch eine längere Vorbereitungszeit hatten. Auf der anderen Seite war es eine ganz schöne Herausforderung. Der direkte Kontakt zu den Lehrkräften hat einfach gefehlt und die Video-Calls funktionierten aufgrund der schlechteren Internetverbindung auf den Dörfern auch nicht immer reibungslos. Aber jetzt haben wir alles geschafft und sind echt froh.

Du hast das Sorbische Gymnasium in Bautzen besucht. Sprichst du die Sprache fließend?

Ja, Sorbisch ist meine Muttersprache. Meine Mutter ist sorbische Muttersprachlerin, daher haben wir die Sprache schon zu Hause gelernt.

Siehst du für dich einen Mehrwert darin, dass du mit Sorbisch eine weitere Sprache sprichst?

Absolut. Viele sagen ja, dass die Sprache einem außerhalb der Region nicht mehr viel bringt. Ich sehe das etwas anders. Dadurch, dass wir mit Sorbisch als slawische Sprache auch ein Verständnis für die tschechische, polnische oder russische Sprache haben, können wir auch besser nachvollziehen, wie deren Kultur aufgebaut ist. Kultur und Sprache sind oft miteinander verknüpft. Man kann mit einer weiteren Sprache also mehr Verständnis für andere aufbauen und das finde ich wichtig.

Nutzt du die sorbische Sprache auch als Schiedsrichterin auf dem Spielfeld?

Wenn ich in der Landesklasse der Herren pfeife, dann spielt die sorbische Sprache keine wirkliche Rolle – die Spiele finden in ganz Sachsen statt. Aber in der Region gibt es natürlich Mannschaften, in denen Sorbisch gesprochen wird. Ich taste mich bei jedem Spiel heran, inwieweit ich mal eine sorbische Ansage machen kann oder nicht.

Worauf musst du dabei achten?

Einerseits ist es toll, wenn ich mal ein paar Wörter auf Sorbisch mit den Spielerinnen und Spielern wechseln kann. Das mache ich vor allem gern vor einem Spiel, weil das eine gute Atmosphäre schafft und für mich einfach dazu gehört. Während des Spiels kommt es aber vor allem darauf an, das Wesentliche nicht aus dem Auge zu verlieren und sich auf den Fußball zu konzentrieren. Wenn ich eine wichtige Ansprache halte, die Außenwirkung haben soll, spreche ich natürlich auf Deutsch, damit das alle verstehen. Wenn ich mal nur zu zweit einen Dialog führe und den Spieler kenne, dann sag ich auch mal was auf Sorbisch. Es kommt hier auf das Feingefühl an.

Und wie ist es zwischen den Mannschaften mit den verschiedenen Sprachen? Gibt es da mal Situationen, die du als Schiedsrichterin klären musst?

Manchmal fällt schon so ein Spruch wie „Sprich Deutsch!“. Dann kann es auch mal eine Ermahnung geben. Denn auch wenn die Emotionen beim Sport aufkochen, muss man sein Gegenüber immer respektieren. Meistens fallen solche Sprüche jedoch, wenn eine Mannschaft zurückliegt. Die anderen nehmen das deswegen meistens nicht zu persönlich.

Was sind deine nächsten Ziele im Sport?

Ich bereite mich gerade auf eine Prüfung vor, um im DFB-Bereich pfeifen zu können. Mein Ziel ist die erste Bundesliga. Da ich noch jung bin, stehen die Chancen gar nicht schlecht. Jetzt muss ich mein Talent beweisen.

Lea hat sich klare Ziele gesetzt. (Foto: Lea Kretschmar/privat)

Und wie soll es jetzt beruflich bei dir weitergehen?

Ich würde gerne in Leipzig auf Lehramt studieren. Ich glaube, meine Erfahrungen als Schiedsrichterin helfen mir hier weiter.

Möchtest du dann wieder in die Region zurückkehren?

Ja, ich würde sehr gern hier in der Bautzener Umgebung arbeiten, denn viele meiner Freundinnen und Freunde planen ihre Zukunft auch in der Region.

Du gehst ja sehr offen und selbstbewusst mit der sorbischen Sprache um. Was würdest du anderen in deinem Alter raten, die sich das vielleicht nicht so trauen?

Ich würde einfach sagen: Habt den Mut, die Sprache zu sprechen und dann wird das alles schon werden. Und wenn mal ein blöder Kommentar kommen sollte: Die, die sowas sagen, sollen sich erstmal in die Lage hineinversetzen, was es für eine Arbeit ist, eine weitere Sprache zu lernen. Jede weitere Sprache ist eine tolle Leistung und etwas Besonderes.

Vielen Dank für das Interview.

 

Lea hat noch drei sorbische Schiedsrichterbegriffe mit uns geteilt:

Gelbe Karte     žołta karta

Rote Karte      čerwjena karta

Abseits           nimohra

 

Beitragsbild: Lea ist auf dem besten Weg zur ersten Fußball-Bundesliga. (Foto: Lea Kretschmar/privat)

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Was wünschen Sie sich für das Schleifer Sorbisch?

Was man jetzt nicht erhält, wird auch in der Zukunft nicht mehr da sein. Jemand, der jetzt die Sprache spricht, sollte sie deswegen auch weitergeben. Denn jede Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren sollten.
Juliana Kaulfürst
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