Wortwechsel mit Bernadett, Erzieherin in in der sorbischsprachigen Kita „K wódnemu mužej“
Soll mein Kind im Kindergarten Sorbisch lernen, auch wenn ich die Sprache selbst nicht spreche? Und wie lernt mein Kind dort eigentlich die zweite Sprache? Bernadett (40) ist Erzieherin in der sorbischsprachigen Kita „K wódnemu mužej“ (Deutsch: Zum Wassermann) in Malschwitz und kennt die Fragen, die sich junge Eltern stellen. Im Interview erklärt sie uns, warum sorbische Kitas wichtig sind und wie diese oft ganze Generationen miteinander verbinden.
Ihr betreut bei euch in der Kita „K wódnemu mužej“ in Malschwitz rund 50 Kinder und sprecht mit ihnen Sorbisch. Wie viele Kinder kennen die Sprache schon von zu Hause?
Tatsächlich spricht kein Kind, das zu uns kommt, bereits Sorbisch oder hatte damit viele Berührungspunkte.
Wie kommt es, dass deutschsprachige Eltern ihre Kinder in einer sorbischen Kita betreuen lassen?
Ich glaube, viele Eltern in der Region haben erkannt, dass die sorbische Sprache ein Schatz ist, etwas ganz Besonderes. Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass sie bei uns in Malschwitz immer wieder mit der Sprache in Berührung kommen. Wir feiern zum Beispiel die Vogelhochzeit mit einem Festumzug durchs Dorf, bei dem die Kinder die traditionelle evangelische sorbische Tracht tragen. Dabei singen wir sorbische Lieder, die zum Alltag in unserer Kita gehören. Bei den Festumzügen erinnern sich dann sogar manche Besucherinnen und Besucher an die ein oder andere Liedzeile und stimmen mit ein. Das freut uns immer sehr, denn wir wollen dazu einladen, die sorbische Sprache und Tradition ganz ungezwungen zu erleben. Diese Offenheit kommt bei vielen deutschen Muttersprachlern gut an.
Und wie genau bringt ihr den Kindern die sorbische Sprache im Kita-Alltag bei?
Bei uns lernen die Kinder die Sprache, indem wir konsequent mit ihnen Sorbisch sprechen. Dieses Vorgehen nennt sich Immersionsmethode.
Wie gut funktioniert diese Methode, wenn die Kinder zu Hause nur Deutsch sprechen?
Keine Frage: Manchmal dauert es einfach, bis die Kinder verstehen, was wir von ihnen wollen. Aber irgendwann spielt sich das immer besser ein. Teilweise helfen sich die Kinder auch gegenseitig, wenn ein Mädchen oder ein Junge ein falsches Wort gebraucht hat. Oder sie antworten auf Deutsch und fügen sorbische Vokabeln ein. Sie sprechen oft also keine kompletten Sätze auf Sorbisch, sondern ergänzen das Deutsche mit dem Sorbischen. Kinder machen das automatisch, ohne groß darüber nachzudenken.
Oft berichten uns auch die Eltern davon, dass ihre Kinder im Alltag sorbische Wörter einbinden und das steckt an: Viele Eltern sind so begeistert, dass sie selbst anfangen, ein wenig Sorbisch zu lernen.
Was würdest du Eltern raten, die sich trotzdem unsicher sind, ob ihr Kind sich zurechtfinden wird?
Die Kinder lernen schnell und spielerisch. Viele Gedanken, die sich die Eltern vorher machen, verschwinden ganz schnell, wenn sie bemerken, dass es für die Kinder keine Anstrengung, sondern eine Bereicherung ist, im Kindergarten mit einer weiteren Sprache in Berührung zu kommen.
Welches Feedback bekommt ihr von den Eltern, deren Kinder bereits bei euch in den Kindergarten gehen?
Wir haben hier wirklich das Glück, dass wir tolle, engagierte Eltern haben, die zu schätzen wissen, was wir anbieten. Sie sind aufgeschlossen und der Sprache sehr zugewandt. Das gemeinsame Erleben der sorbischen Sprache schafft eine besondere Verbindung zwischen Kindern, Eltern und Großeltern. Das ist wirklich schön mitzuerleben.
Welche Vorteile hat es aus deiner Erfahrung heraus später einmal, wenn Kinder schon früh eine weitere Sprache kennenlernen?
Wenn ein Kind mehrere Sprachen kennenlernt, fällt es ihm leichter, weitere Sprachen zu erlernen. Wer Sorbisch kann, ist zum Beispiel meist in der Lage, Tschechisch oder Polnisch zu verstehen. Ein anderer wichtiger Vorteil ist, dass der Erwerb einer weiteren Sprache den Weg für etwas Neues öffnet und so Vorurteile gar nicht erst entstehen können. Kinder haben noch keine Vorurteile. Sie sind offen und geben diese Begeisterung für das Neue an andere weiter.
Warum ist es aus deiner Sicht wichtig, dass es Angebote wie eure Kita gibt?
Wir brauchen solche Angebote, weil die sorbische Sprache sonst einfach verloren gehen würde. Über Kindergärten kommen die Kinder spielerisch mit der Sprache in Berührung und werden damit auch in ihrem Umgang mit weiteren Sprachen gefördert. Sorbisch gehört einfach hier zur Region dazu. Deshalb laden wir alle dazu ein, mitzumachen und die Sprache gemeinsam zu erleben.
Beitragsbild: Bernadett liegt das Konzept der Kita am Herzen. (Foto: Redaktion)
Auf der Webseite der Kita „K wódnemu mužej“ findest du weitere Infos. Der Kindergarten ist Teil des Witaj–Projekts. Hier erfährst du mehr darüber.
Wenn du selbst etwas Sorbisch lernen oder dein Kind unterstützen möchtest, kannst du zum Beispiel hier schnell ein paar Vokabeln nachschlagen: