Elias Bětka über die Expedition in den Pamir und Tian Shan

Der Sorbe Elias Bětka gehört zu den Initiatoren der Sächsischen Pamir-Expedition 2021 (PMX21). Zusammen mit Nele Sadler, Milan Lülsdorf, Matthias Nolden und Philipp Werne wollte er im Pamir und Tian Shan drei 7.000er Gipfel besteigen. Wir haben mit dem passionierten Bergsteiger darüber gesprochen, wie er sich auf ein solches Abenteuer vorbereitet und damit umgeht, wenn alles anders kommt als gedacht.

Von: Julia Mahal

Als ich Elias um ein Gespräch bitte, befindet er sich noch in Kirgisistans Hauptstadt Bischkek. Erst kurz darauf kommt er zurück nach Deutschland. Trotzdem nimmt er sich die Zeit – kaum drei Tage nach seiner Rückkehr. Beim Starten der Videokonferenz sitzt Elias in einem beschaulichen Zimmer. Vorläufig ist er bei seiner sorbischen Großmutter untergekommen, seine Wohnung in Dresden kann er erst am folgenden Abend wieder beziehen.

So kommen wir schnell darauf zu sprechen, dass die PMX21 früher als geplant beendet wurde. Eigentlich war die Expedition von Mai bis September vorgesehen. Als Elias und seine Freunde im Mai 2021 in Dresden aufbrachen, war bis auf ihn niemand aus der Gruppe gegen Corona geimpft. Der Impfstoff war zu diesem Zeitpunkt noch nicht für jeden verfügbar. Elias erzählt mir, dass sich alle des Risikos bewusst waren und daher sehr darauf geachtet haben, Masken zu tragen und Abstand zu halten.

Das unerwartete Ende der Expedition

Kurz vor dem großen Finale (Pik Pobeda) erwischt es die Gruppe dann doch. Alle Mitglieder erkranken nach und nach, mit Ausnahme von Elias. Das macht die Bergsteiger misstrauisch und sie nutzen ihren letzten verbliebenen Corona-Test. Das Ergebnis: positiv. Die Enttäuschung sei groß gewesen, die Stimmung schlecht. Letztendlich geht die Gesundheit jedoch vor und Elias zieht ein positives Fazit. Für den nächsten Anlauf haben sie trotz intensiver Vorbereitung einiges aus dieser Erfahrung gelernt.

Wie hast du dich auf die PMX21 vorbereitet?

Ungefähr eineinhalb Jahre hat Elias für diese vier Monate organisiert, gespart und trainiert. Wie muss man sich ein solches Training vorstellen? Vor allem die Kondition muss stimmen, erklärt er. Denn die Belastung für den Körper in einer solchen Höhe ist enorm. Um sich möglichst umfassend vorbereiten zu können, hat die Truppe zusätzlich Expertenwissen eingeholt. „Wir haben Frank Meutzner, der das Bergfilmfestival „Bergsichten“ in Sachsen organisiert, Löcher in den Bauch gefragt.“

Informationen zur PMX21

Die PMX21 war angesetzt für eine Dauer von vier Monaten: Vom Mai 2021 bis zum September 2021 wollten drei Teammitglieder drei 7000er besteigen, während die anderen zwei aus den Basislagern unterstützen sollten.

  • Pik Lenin: 7134 m
  • Khan Tengri: 7010 m
  • Pik Pobeda: 7439 m

Sorbische Vokabeln zum Thema Bergsteigen: 

  • Gletscherspalte – lodowcowa škałoba
  • Expedition – ekspedicija
  • Bergsteiger/Kletterer – alpinist/krosnowar
  • Gebirge – horiny
  • Berg – hora
  • Gipfel – wjeršk

Weitere Informationen:

Das unbedingte Wollen

Fahrradrennen in den Alpen, Marathon-Laufen, grundsätzlich viel Ausdauertraining: Elias erzählt mir zunächst, wie man sich körperlich für eine solche Expedition wappnet. Dass das nicht alles ist, macht er schnell deutlich. „Viel wichtiger ist, dass zwischen den Ohren alles glatt läuft. Das Mentale muss stimmen, die Einstellung – das unbedingte Wollen.“ Was er damit meint? „Man muss immer wieder über den Punkt hinausgehen, an dem man denkt, es geht nicht mehr.“

Warum hast du dich ausgerechnet für das Bergsteigen entschieden?

Woher er die Begeisterung und den nötigen Willen hat, das wisse er nicht so genau. Ab dem 14. Lebensjahr hat Elias American Football gespielt, das hat seine Einstellung zum Training geprägt und in ihm den Ehrgeiz geweckt „vorne dabei zu sein und abzuliefern“.

Auf den American Football folgte das Boxen, aber den Kontaktsport war Elias irgendwann müde. Eine neue Herausforderung musste her. Er fing wieder mit dem Klettern an, nachdem er schon als Kind in einer Klettergruppe gewesen war. Sein nächstes sportliches Ziel war dann jedoch ein Marathon, auf den er sich präzise vorbereite und dem weitere folgten. Irgendwann lief er dann auch durch die Alpen. „Man wird halt gierig“, sagt er und lacht. Das ließ wiederum die Sehnsucht nach den Bergen und dem Klettern in ihm erwachen.

Warum Sorbisch ihm indirekt auch bei der PMX21 half

„In Kirgisistan sprechen nicht viele Leute Englisch, dafür aber Russisch. Im Studium habe ich drei Jahre Russisch gelernt und das reicht aus, um sich zu verständigen. Beim Lernen hat mir damals auch mein Sorbisch geholfen – vieles ist ähnlich, gerade die Aussprache. Da merkt man den slawischen Background.“

Als wir über die sorbische Sprache sprechen, merke ich schnell, wie sehr ihm das Thema am Herzen liegt. „Ich bin zweisprachig aufgewachsen“, erzählt er. „Mit meinen Eltern spreche ich inzwischen Deutsch, aber mit meinen Geschwistern und meinen Großeltern nur Sorbisch. Mir ist es wichtig, dass das [die Sprache] erhalten bleibt.“

Elias ist in Dresden zur Schule gegangen, dort hatte er keinen Sorbisch-Unterricht. Das bedauert er jetzt: „Ich kann Sorbisch zwar lesen und schreiben, aber es fällt mir teilweise schwer.“

Gelernt hat er die Sprache vor allem in der Kirche, weil seine Familie den sorbischen Gottesdienst besuchte. „Da habe ich als Kind mitgesungen, doch mir fehlt natürlich schon viel. Mein Sorbisch ist mit deutschen Wörtern gespickt und teilweise lückenhaft. Wenn ich in die Zukunft gucke, denke ich, dass das schade ist. Und wenn ich mal Kinder habe …“

„Das ist ein Punkt, der berührt mich schon.“

Elias überlegt bereits, wie er die sorbische Sprache eines Tages seinen Kindern beibringen soll. Ob er sie auf eine Schule schickt, an der Sorbisch unterrichtet wird, weiß er noch nicht. Aber der Gedanke beschäftigt ihn. Außerdem hat er begonnen, relevante Begriffe für das Bergsteigen auf Sorbisch nachzuschlagen. „Was heißt denn eigentlich „Gletscherspalte?“ Das sind so Vokabeln, die suche ich raus. Vielleicht halte ich im Winter mal einen Vortrag auf Sorbisch.“

Jetzt geht es für Elias erstmal zurück in den Alltag – noch hat er frei, aber bald tritt er seinen Job als Innenarchitekt wieder an. Auf die Frage, ob er sich noch einmal an die drei 7.000er im Pamir und Tian Shan wagen wird, hat er auch schon eine Antwort: „Ich werde auf jeden Fall noch einmal eine Expedition starten. Nicht in ein oder zwei, aber wahrscheinlich in drei Jahren.“

 

(Bildrechte: Elias Bětka)

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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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