Die kleine Revolution per Instagram und Website

Seit 1972 existiert die Gärtnerei Kroll in Höflein und wird dort in zweiter Generation von Kerstin Kroll geführt. Obwohl das Dorf überwiegend deutschsprachig ist und auch Familie Kroll keine Sorben sind, hat sich der Betrieb bewusst dazu entschieden, die Texte der Website neben Deutsch auch auf Sorbisch anzubieten. Hintergrund ist auch die wechselhafte Geschichte des Ortes, die mit der Familienhistorie ein spannendes Panorama des sorbischen Kernlandes abbildet.

Von: Josi Altmann

Der erste Schritt der Veränderung begann mit einem Post auf Instagram am 7. Januar 2021. Ein wunderschönes Bild ist zu sehen. Es ist ein winterlicher Blumenstrauß, mit Gewächsen aus der eigenen Gärtnerei. Hellgelbe Rosen zeigen ihre prachtvollen Blüten, eine Dahlie versteckt ihren Kopf hinter einem Eukalyptusblatt, während das gelbe Pampasgras majestätisch nach oben ragt.

„Krollec zahrodnistwo we Wudworju“ steht dort auf Sorbisch in weißer Schrift, auf Deutsch: „Gärtnerei Kroll in Höflein“. Ein kleines Wagnis. Denn an diesem Tag konnte die Website der Gärtnerei erstmals auch auf Sorbisch aufgerufen werden. Die Botschaft dahinter: „Auch wenn nicht alle unsere Mitarbeiter und Kunden diese Sprache beherrschen, schätzen wir sie als Teil unserer regionalen Kultur und begegnen euch gern mit einem lächelnden ‚Dźakuju so!‘“

 

Die Kundschaft freut sich über den sorbischen Internetauftritt

Die Idee, die Texte auf Sorbisch zu übersetzen, kam der Tochter Sandra Kroll. „Ein Freund von mir hat Bekannte, die Sorbisch auf Lehramt studieren. Er meinte, dass es doch schön wäre, wenn die sorbische Sprache auch online sichtbar wäre. Schließlich liegt Höflein ja im sorbischen Kernland“, so Sandra Kroll. Die Idee gefiel ihr, und sie bekam bei der Übersetzung Unterstützung von einer sorbischen Lehramtsstudentin.

Als die Seite auf zwei Sprachen umgestellt war, erhielt die Familie viel Lob. Das hängt auch damit zusammen, dass laut Kerstin Kroll etwa 60 Prozent der Kundschaft Sorben sind. Das Einzugsgebiet schätzt sie auf zehn bis fünfzehn Kilometer ein, ein Großteil komme allerdings aus Schmeckwitz (Smječkecy), Caseritz (Kozarcy) und Räckelwitz (Worklecy). Im Sommer kämen teilweise sogar Kunden aus Görlitz, um sich ein Stück der Krollschen Blumenpracht mit nach Hause zu nehmen.

 

Ein deutsches Dorf öffnet sich der sorbischen Sprache

Wer an der Gärtnerei vorbeiläuft, wird schnell bemerken, dass die Krolls ihr Geschäft mit viel Liebe zum Detail betreiben. Außen und innen zieren Papiersterne den Verkaufsbereich und stimmen auf die Adventszeit ein. Der Laden ist liebevoll dekoriert. An Holzbalken hängen die Adventskränze, überall findet sich Gebasteltes und Schnitzereien. Ein Ort zum Wohlfühlen.

Im Hintergrund wächst in zehn Gewächshäusern, was die Saison und Region zu bieten haben: Silberblatt und Weihnachtsstern für die Wintersaison, Stiefmütterchen, Primeln und Freesien für das Frühjahr. Dass nun diese kleine Gärtnerei ihre eigene Internetseite auch auf Sorbisch anbietet, ist für einen Betrieb in Höflein tatsächlich eine Besonderheit.

Denn Höflein (sorb.: Wudwor) liegt zwar zentral im sorbisch-katholischen Kerngebiet, für viele Jahrzehnte galt es aber als deutschsprachiges Dorf. Der Grund: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in dem ursprünglich sorbischen Dorf rund 70 Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Gebieten in Ostpreußen angesiedelt. In einem Ort mit heute rund 146 Einwohnern war diese Veränderung deutlich spürbar.

Die deutschsprachige Mehrheit prägte nach und nach die Alltagssprache und das Dorfleben. Dass sich die Gärtnerei und auch das Dorf nun wieder verstärkt der sorbischen Sprache zuwenden, ist ein wenig so, als kehre die Gemeinde zurück zu ihren Wurzeln. Ganz verloren gegangen sind diese jedoch nie: So wird in Höflein bei Feierlichkeiten beispielsweise regelmäßig auf Sorbisch gesungen – etwa beim Martinssingen oder Maibaumstellen. Außerdem gab es in den letzten Jahren einen Zuzug einiger junger sorbischer Familien, sodass die Zweisprachigkeit im Dorf an Bedeutung gewinnt.

 

Die wechselvolle Historie der Familie Kroll

Inzwischen existiert die Gärtnerei Kroll seit 1976 und wird nun in zweiter Generation fortgeführt. „Meine Schwiegereltern kamen ursprünglich aus Potsdam“, erinnert sich Kerstin Kroll, die in der Gärtnerei die Geschäfte leitet und noch selbst jeden Tag anpackt. „Mein Schwiegervater sollte bei Potsdamer Blumen einen Chefposten übernehmen, aber dazu hätte er in die SED eintreten müssen, das wollte er aber nicht“, erzählt sie weiter. Durch Zufall hätte er in einer Zeitung die Annonce gesehen, dass die Gärtnerei in Höflein zum Verkauf stand. Er machte Nägel mit Köpfen, die Familie nahm ihre Sachen, zog nach Höflein und baute hier das Geschäft auf.

 

 

Gärtnerei Kroll: ein Familienbetrieb, wie er im Buche steht

1988 übernahm Schwiegermama Gisela das Geschäft und führte es weiter. Elf Jahre später übernahmen Kerstin Kroll und ihr Mann René die Geschäfte. 2011 übernahm Kerstin Kroll das Geschäft komplett. Die Inhaberin erhält viel Unterstützung von ihrer Familie:  René Kroll packt noch nach der Arbeit an und erledigt die schweren körperlichen Handgriffe in der Gärtnerei. Tochter Sandra arbeitet eigentlich in Berlin in der Automobilbranche, hilft aber bei der Webseite und den Social-Media-Kanälen. Der Sohn Nico ist Programmierer und bringt den Betrieb immer wieder auf den neuesten Stand der Technik, indem er zum Beispiel die automatische Beheizung und Belüftung einbaut. Die jüngste Tochter Peggy ist Krankenschwester, bietet aber auch Nähereien für die Kundschaft an. „Wir sind ein Familienbetrieb, wie er im Buche steht“, sagt Kerstin Kroll und lacht.

 

Das große Glück, die Herzlichkeit und starke Gemeinschaft in einer sorbisch-katholischen Region

Im Nachhinein ist Kerstin Kroll dankbar und glücklich, durch ihren Mann den Weg ins sorbische Kernland gefunden zu haben. Sie selbst stammt aus Steina, rund 15 Kilometer von Höflein entfernt, und erinnert sich noch gut an die Vorbehalte, die es damals gegenüber den Sorben gab: „Es war wie ein Fremdgebiet, in das man selten gefahren ist. Aber ich habe meinen Entschluss, nach Höflein zu ziehen, nie bereut“, erzählt Kerstin Groll. Vor allem habe sie die Herzlichkeit überrascht sowie das Gemeinschaftsleben vor Ort. Zu ihrer Silberhochzeit 2015 war das ganze Dorf gekommen. „Schöner kann man es nicht haben als deutsche Protestantin in einer sorbisch-katholischen Region“, sagt sie und nickt mit einem Lächeln auf den Lippen.

 

Kerstin Kroll mit Adventskranz
Kerstin Kroll mit Adventskranz

 

Wenn du Lust bekommen hast, mehr über die sorbische Sprache zu erfahren und vielleicht selbst einmal einen Sorbisch-Kurs zu besuchen, kannst du dich hier informieren:

  • Sorbisch-Kurse für Erwachsene beim WITAJ-Sprachzentrum
  • Wikibooks zeigt dir Zahlen und obersorbische Sprüche
  • Auf soblex findest du ein Deutsch-Sorbisches Wörterbuch für schnelle Übersetzungen
  • Auf diesen Seiten findest du nützliche Informationen, um Sorbisch zu lernen
  • Diese Seite ist nicht nur etwas für Lehrende. Alle Interessierten können hier in 100 Sekunden sorbische Redewendungen lernen.
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Gibt es etwas, das du dir für die sorbische Sprache als Besonderheit der Lausitz wünschen würdest?

Es wäre schön, wenn das Interesse an der Sprache erhalten bleibt und auch bei Menschen geweckt wird, die in der Lausitz wohnen und die Sprache bisher noch nicht sprechen.
Lubina Jeschke
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