Der OHTL e.V. – André Köhler über die Arbeit des Vereins und sorbische Projekte

Das Land der tausend Teiche – so wird die OHTL-Region unter anderem genannt. OHTL, das steht für die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Das gleichnamige UNESCO Biosphärenreservat, die sorbische Sprache und Kultur, die Stadt Bautzen und die Karpfenteichwirtschaft prägen die regionale Identität. Die nachhaltige Entwicklung der Region wird unter anderem vom OHTL e.V. organisiert und gestaltet. Wir haben mit André Köhler darüber gesprochen, wie der Verein arbeitet und warum die sorbische Sprache dabei eine wichtige Rolle spielt.

Von: Julia Mahal

André Köhler arbeitet im Regionalbüro in Königswartha. Zusammen mit Katrin Kubasch und Rudolf Richter übernimmt er das Regionalmanagement der LEADER-Region OHTL. Mit im Team sind Claudia Steglich, die eine Projektstelle bekleidet, und Helena Jatzwauk, die für den Bereich Tourismus verantwortlich ist. Es ist ein kleines Team, das eng zusammenarbeitet, um den beiden großen Aufgaben des Vereins – der Regionalentwicklung und der Förderung des Tourismus in der Region – gerecht zu werden.

André Köhler, Katrin Kubasch und Rudolf Richter vom OHTL-Regionalmanagement in Königswartha im Jahr 2018
André Köhler, Katrin Kubasch und Rudolf Richter vom OHTL-Regionalmanagement in Königswartha im Jahr 2018. (Foto: OHTL e.V.)

LEADER – ein europäisches Förderprogramm

Der OHTL e.V. ist im Jahr 2002 im Rahmen des LEADER-Prozesses gegründet worden, einem europäischen Programm zur Förderung des ländlichen Raums. Im Gespräch wird schnell deutlich – die Arbeit des Vereins beschränkt sich längst nicht nur auf die Vergabe von LEADER-Fördermitteln, aber ein Grundverständnis des Europäischen Maßnahmenprogramms ist essenziell. „Es ist ein anspruchsvolles System, aber man kann etwas damit bewegen“, sagt André Köhler.

Das englische Akronym „LEADER“ steht für französisch „Liaison entre actions de développement de l’économie rural“ („Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“)

LEADER ist ein Fördermittelprogramm der Europäischen Union. Gefördert wird die Entwicklung des ländlichen Raumes – zum Beispiel mit Projekten, die die Wirtschaftskraft der Region stärken und die Lebensqualität erhöhen. Das Konzept sieht vor, dass die Menschen vor Ort die Projekte selbst vorschlagen. Wie wichtig das ist, betont auch André Köhler: „Die Leute sollen entscheiden, was gut für sie ist und was sie brauchen. Aufgabe des Vereins ist es, die Fördermittel sinnvoll und nachhaltig anzulegen – die Projekte sollen Bestand haben.“ Dass es nicht nur darum geht, Gelder zu verteilen, ist ihm wichtig. „Jedes Projekt soll zur Wertschöpfung und Lebensqualität in der Region beitragen“, so Köhler.

Wie erfolgt die Anerkennung als LEADER-Region?

Damit eine Region die finanziellen Mittel zur Entwicklung der ländlichen Räume erhält, muss sie sich zunächst um den Status als LEADER-Region beim Sächsischen Staatsministerium für Regionalentwicklung bewerben. Dazu braucht es eine überzeugende Entwicklungsstrategie, die von einer lokalen Aktionsgruppe erarbeitet wird. In der Region OHTL sind dafür der Verein zur Entwicklung der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft (OHTL e.V.) und die relevanten regionalen Akteure verantwortlich.

Zweisprachigkeit als Leitidee

Die Zweisprachigkeit ist in der Region und somit auch in der Vereinsarbeit ein wichtiges Thema. „Tradition und Zukunft in der zweisprachigen Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft ist die Leitidee unserer Region“, erklärt André Köhler. „Die Zweisprachigkeit wird hier wirklich gelebt, das ist Lebensalltag auch in Bezug auf Glauben und Religion.“

Blick auf die Gemeinde Crostwitz
Blick auf die Gemeinde Crostwitz. (Foto: Martin Kliemank)

André Köhler spricht selbst kein Sorbisch, einige seiner Kollegen schon. Dass im Büro Anrufe auf Sorbisch entgegengenommen werden, ist für ihn selbstverständlich. „Die Leute fühlen sich manchmal einfach wohler, wenn sie etwas auf Sorbisch erklären können. Das war bei uns von Anfang an möglich und es steht auch außer Frage, dass das immer so sein wird.“

Auf der Website gibt es sorbische Untertitel und selbst im Vereinslogo ist Sorbisch vertreten – sowohl mit der Übersetzung „Hornjołužiska hola a haty“ als auch mit dem sorbischen Lindenblatt, das man z. B. ähnlich von der Domowina kennt, die ebenfalls Mitglied im Verein ist. Auch die Broschüren werden nach Möglichkeit zweisprachig verfasst.

Folklorefestival 2019 in Crostwitz
Folklorefestival 2019 in Crostwitz. (Foto: Jörg Stephan)

Sorbische Projekte in der OHTL-Region

André Köhler erinnert sich an viele Projekte; rund 200 hat der Verein in der Förderperiode umgesetzt. Dabei war auch Sorbisch ein Thema, etwa bei der Netzwerktagung slawischer Museen in Bautzen, der Ferienwohnung „Hospoda“ oder dem Projekt „Lausitzer Fisch – Lužiska Ryba“. Die Zweisprachigkeit in den Projektanträgen ist bei den Maßnahmen relevant, welche öffentlich wirksam sind; dort ist die sorbisch-deutsche Zweisprachigkeit auch als Bewertungskriterium aufgenommen. „Wir haben einige Projekte realisiert, die mit der sorbischen Sprache zu tun hatten. Es gab beispielsweise eine Kooperation mit dem Sorbischen Museum Bautzen und der KRABAT-Mühle Schwarzkollm, als eine KRABAT-Ausstellung erstellt wurde. Das KRABAT-Fest in Wittichenau ist ebenfalls ein solches Projekt. Aktionen wie diese bringen dann überregional Aufmerksamkeit, was natürlich schön ist, aber sie haben auch eine Verbindungswirkung in der Region nach innen – die Menschen finden es gut, sie fühlen sich wohl und erinnern sich gern daran.“

Das KRABAT-Fest 2016 in Wittichenau wurde mit dem LEADER-Programm unterstützt
Das KRABAT-Fest 2016 in Wittichenau wurde mit dem LEADER-Programm unterstützt. (Foto: Rochus Schleicher)

Ein weiteres Projekt, bei dem die sorbische Sprache eine Rolle spielt: Ein digitaler Reiseführer für Fahrradrouten, die noch nicht so bekannt sind. Diese Entdeckerbroschüre fügt Eckpunkte zu Routen zusammen, die auf Geheimtipps beruhen. Eine besondere Route für Kulturinteressierte und Fans der sorbischen Sprache: Sorben. Glauben. Brauchtum.

Der KRABAT-Radweg führt auch durch die Gemeinde Nebelschütz
Der KRABAT-Radweg führt auch durch die Gemeinde Nebelschütz. (Foto: Martin Kliemank)

Aufmerksam machen, auch das ist entscheidend für den Erfolg der Förderprojekte: „Es geht nicht nur darum, Einzelprojekte zu fördern. Man muss sie auch bekannt machen. Bei der Fertigstellung sollte der Projektträger beispielsweise ein paar Worte sagen; was gut lief, welche Herausforderungen es gab. Wenn wir selbst vor Ort sind, ist das auch ein wichtiger Aspekt der Arbeit. Die Gespräche mit den Menschen sind besonders inspirierend. Wenn sich in der Region etwas tut, hat das einen positiven Effekt auf die Leute von Nebelschütz bis Weißenberg.“

Zusammenarbeit ist unabdingbar

„Man kann und muss natürlich über den demografischen Wandel sprechen“, sagt er. „Aber zu schaffen, dass vor Ort tatsächlich etwas passiert, das ist die Herausforderung. Unsere Rolle als Regionalmanager ist, dabei zu helfen und das zu ermöglichen.“ Damit das gelingt, ist Zusammenarbeit essenziell. Der OHTL e.V. wirkt immer daraufhin, dass Netzwerke gebildet werden. So sind zum Beispiel eine Arbeitsgruppe im Tourismus gemeinsam mit dem UNESCO Biosphärenreservat OHTL und der Stadt Bautzen und die AG Strategie Fisch für die Fischereiwirtschaft entstanden. André Köhler fasst es zusammen: „Wir wollen die Menschen zusammenzubringen, damit durch Kommunikation und Begegnung neue, wertvolle Dinge entstehen.“

Spannende Aussichten: Projekte in Zukunft

Neue Dinge sind auch für das kommende Jahr geplant. André Köhler deutet ein spannendes Projekt mit einer anderen LEADER-Aktionsgruppe an. Diese stammt nicht aus der Region, nicht einmal aus Deutschland. Für die Zukunft ist eine Zusammenarbeit mit der nordschwedischen Aktionsgruppe Tornedalen2020 geplant. Das Thema: Regionale Minderheiten. Die sorbische Kultur wird hierbei eine Rolle spielen. Genaueres möchte André Köhler zu diesem Zeitpunkt noch nicht verraten, aber wir dürfen gespannt sein.

Derzeit startet auch die Erarbeitung der LEADER-Entwicklungsstrategie für die Förderperiode 2023 bis 2027. Der OHTL e.V. wird zur Mitarbeit und Mitgestaltung dafür demnächst aufrufen. Wer dabei mitmacht, der kann was bewegen – für die Region und ihre Menschen.

 

Weiterführende Informationen zum OHTL e.V.:

Informationen zum Verein und zur LEADER-Region unter www.ohtl.de

und zur regionalen Tourismusentwicklung unter www.oberlausitz-heide.de

OHTL-Büro/Regionalmanagement: Gutsstraße 4c in 02699 Königswartha

Kontakt: Tel. (035 931) 165 60 und E-Mail regional@ohtl.de

LEADER- und das EPLR-Logo

 

 

 

 

Beitragsbild: Die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft ist eine Natur- und Kulturlandschaft nördlich von Bautzen im Herzen der Oberlausitz. (Foto: OHTL e.V./P. Schwarz)

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Was wünschen Sie sich für das Schleifer Sorbisch?

Was man jetzt nicht erhält, wird auch in der Zukunft nicht mehr da sein. Jemand, der jetzt die Sprache spricht, sollte sie deswegen auch weitergeben. Denn jede Sprache ist ein Schatz, den wir bewahren sollten.
Juliana Kaulfürst
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