Vom Fernweh zum Heimweh: Was sorbische Rückkehrer zurückbringt

In den letzten Jahren ist eine bemerkenswerte Entwicklung zu beobachten: Immer mehr Sorben kehren in die Lausitz zurück. Wir haben uns gefragt, welche Gründe sie zur Heimkehr bewegen. Eins kann im Voraus gesagt werden: Der Strukturwandel trägt ausschlaggebend dazu bei.

Von: Redaktion "Sorbisch? Na klar."

Viele Menschen verlassen im Laufe ihres Lebens ihren Geburtsort, um neue Erfahrungen zu sammeln und die Welt zu erkunden. Nicht selten endet die Schulzeit deshalb mit einem Umzug. Hinter diesen Umzügen stehen immer persönliche Geschichten und Wünsche. Obwohl die Motive so individuell wie die Menschen sind, gibt es bei den einstigen Fortgängern – und heutigen Rückkehrern – jedoch auch einige Gemeinsamkeiten.

Gründe, die Heimat zu verlassen: Bildungs- und Karrieremöglichkeiten

Nicht nur persönliche Gründe bringen Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen – auch wirtschaftliche Faktoren spielen eine große Rolle. Die sogenannte Landflucht ist ein Phänomen, das in vielen ländliche Regionen auftritt. Auch das sorbische Siedlungsgebiet hat zahlreiche kleine Gemeinden und Dörfer, die von dem Problem betroffen sind.

In der Vergangenheit führte daher unter anderem die Suche nach Bildungs- und Karrieremöglichkeiten viele junge Sorben in die Großstädte oder gar in andere Bundesländer. Städte und Ballungsgebiete locken nicht nur mit einem attraktiven Arbeitsmarkt, sondern auch mit einem vielfältigen Kultur- und Freizeitangebot – ebenfalls wichtige Faktoren bei der Wahl des Wohnorts.

Fehlende Arbeitsplätze, eine schlechte Infrastruktur, keine Perspektiven – das sind strukturelle Probleme, die auch diejenigen wegführen, die gerne geblieben wären. Doch in der Lausitz hat ein Wandel eingesetzt. Die Region hat inzwischen weit mehr zu bieten als viele denken – auch für sorbische Rückkehrer.

Gründe für die Rückkehr in die Lausitz

Für die sorbischen Rückkehrer zählen natürlich die sorbische Sprache und Kultur zu den Hauptgründen für die Heimkehr – denn das Sorbische gibt es so nur in der Lausitz. Auch die zunehmende Wertschätzung der sorbischen Kultur und die Bemühungen um ihren Erhalt wirken sich positiv auf die Entscheidung zur Rückkehr aus.

Gerade sorbischsprachige Menschen können ihre erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen in der Heimat gewinnbringend einsetzen. Denn der Bedarf an Sorbisch sprechenden Fachkräften ist groß – ein Job in vielen Branchen garantiert.

Auch die Sehnsucht nach familiärer Verbundenheit führt manche zurück in die alte Heimat – nicht selten nach der Familiengründung. Gerade in den ersten Jahren sind Verwandte eine wichtige Stütze für junge Eltern.

Vor allem für Familien gibt es viele Anreize zur Rückkehr in die Lausitz: bezahlbaren Wohnraum, vielfältige Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, eine abwechslungsreiche Natur und jede Menge kulturelle Einrichtungen sind nur einige Beispiele.

Wer möchte, dass die eigenen Kinder ihre Wurzeln kennen und die sorbische Sprache von klein auf lernen, kann zwischen mehreren sorbischen Schulen und Kindertagesstätten wählen. Informationen gibt es zum Beispiel beim Sorbischen Schulverein.

Der Strukturwandel schafft bereits jetzt Möglichkeiten und wird die Attraktivität der Region auch zukünftig stärken. Neue Projekte, Initiativen und eine verbesserte Infrastruktur bieten Anreize für Unternehmen und Betriebe, sich in der Lausitz anzusiedeln – und somit langfristig die Grundlage für neue Arbeitsplätze und Tourismus. Initiativen wie #WHY! – Wandel in Hoyerswerda erklären den Prozess des Strukturwandels anhand konkreter Projekte und zeigen mögliche Chancen auf.

Wie die Region Rückkehrer unterstützt

Wenn Menschen in die Heimat zurückkehren, kennen sie sich zwar vor Ort aus, werden aber trotzdem mit Herausforderungen wie Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche konfrontiert.

In der Lausitz freut man sich nicht nur über die Rückkehrer, sondern will bewusst Anreize für die Heimkehr der einstmals Weggezogenen schaffen. Daher wurden zahlreiche Initiativen gestartet, die den Prozess begleiten und erleichtern.

Die Agentur für Arbeit in Bautzen setzt sich für die Beratung zu beruflichen Alternativen und Weiterbildungsmöglichkeiten ein, genau wie die Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer. Auch bei der Suche nach Kindergarten- und Schulplätzen werden Rückkehrer unterstützt.

Das Fachkräfteprojekt „wiederda im Landkreis Bautzen“ vom Landkreis Bautzen, der IHK Dresden, der Geschäftsstelle Bautzen und der HWK Dresden soll ebenfalls dazu beitragen, ausgebildete Fachkräfte wieder in die Heimat zu holen. Dafür findet jedes Jahr zwischen Weihnachten und Neujahr eine Fachkräftebörse statt, zu der Pendler, rückkehrwillige Fachkräfte und Studierende von Universitäten, Hoch- und Fachschulen sowie Unternehmen aller Branchen mit Jobangeboten aus der Oberlausitz eingeladen werden.

Die Rückkehrer sorgen für eine Revitalisierung der sorbischen Kultur

Mit einer Rückkehr in die Lausitz tragen Sorbinnen und Sorben dazu dabei, dass ihre Kultur erhalten und lebendig bleibt. Durch ihr Mitwirken können neue Vereine und Projekte entstehen, die die sorbische Sprache, aber auch Bräuche und Traditionen fördern und erhalten. Zudem schließen die Rückkehrer wichtige Lücken, denn sorbische Fachkräfte – etwa Lehrer und Erzieher – werden in der Region dringend gesucht.

Neue Folgen: Der ‚Sorbisch? Na klar.‘-Podcast widmet sich dem Thema Heimkehr

Wir wollen es noch genauer wissen: Was bringt die Menschen im Einzelfall dazu, nach langer Zeit wieder in ihre Heimat zurückzukehren? Um das herauszufinden, werden wir in den kommenden Wochen mit sorbischen Rückkehrern sprechen. Zukünftig kannst du dir ihre Geschichten dann anhören. Bleib also dran!

Weiterführende Links für Rückkehrer:

Du wohnst in der Lausitz, möchtest in deiner Heimat bleiben und sprichst Sorbisch oder hast großes Interesse an der sorbischen Sprache?

Sorbische Lehrkräfte werden händeringend gesucht, aber auch andere Jobs in der Lausitz erfordern Sorbischkenntnisse. Neben sorbischen Lehramtsstudiengängen bietet die Universität Leipzig das Studienfach Sorabistik an. Vielleicht wäre das auch ja was für dich?

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